Wendeblätter 2020, Ausgabe 15

Zeitalter des Lichts …

Es ist Advent, die Zeit der guten Erwartung, Gott ist nahe. Mitten in die dunkle Welt hinein strahlt das himmlische Licht. „Das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat’s nicht ergriffen.“ Joh 1, 5

„Jesus Christus spricht, ich bin das Licht der Welt, wer mir nachfolgt,
wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht
des Lebens haben.“ Joh 8, 12

Licht … Ich erinnere mich, wie ich als Jugendlicher Anfang der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts eines späten Abends, die Sonne war längst untergegangen, von Lichtenhain in der Sächsischen Schweiz durch das Keilholz nach Ottendorf lief, um dort meine Großeltern Hantzsch zu besuchen. Im Knechtsbachtal war es so dunkel, dass man buchstäblich die Hand vor den Augen nicht mehr sah, keine Sterne, kein Mond am Himmel. Aber ich kannte den Weg, habe mich am Rauschen des Baches orientiert, dann ging es über einen kleinen hölzernen Steg, und links steil den Hang hinauf. Unbeschreiblich die Erleichterung, als ich die ersten Lichter des Dorfes sah.

Auch wenn es ganz finster ist, nirgendwo ein Licht, so können wir doch – das innere Licht leuchten lassen, es ist ein Gottgeschenktes Licht, das niemand uns rauben kann.

„Und das Wort ward Fleisch, ein Mensch aus Fleisch und Blut, und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, seinen hellen Schein, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ Joh 1, 14 

Gott schenke Euch ein frohes, gesegnetes Christfest,

Gott ist Mensch geworden. Halleluja!

Von Herzen Euer Gert Zenker

Zwei Engel aus hellem
Papier
haben am Fensterkreuz
in meinem Arbeitszimmer
die Zeit von Advent zu Advent
überdauert

Am weißen Woll-Faden
tanzen sie
hinter der Scheibe
einen stillen Tanz
der Geduld, der Freude
mich ins Licht  zu locken,
wo sie schon sind.

Unbemerkt hat ein Häuflein
abgebrannter Kerzen
vom Letzen Jahre
sich  erbeten
noch einmal!
zu leuchten vor dem ersten
Advent

Ein rotes einsames Licht,
staubig vom langen Warten
wird gar den Kranz noch sehen
Und drei Neu-Gefundene:
Räucherkerzen wollen
ihm duften.

Da wird es hell
in den Augen
der Engel                                             26. Nov. 2007 (G. Z.)

Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über Dir! Denn siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über Dir geht auf der Herr, und seine Herrlichkeit erscheint über Dir.    / Wehe denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen.                                                              Jes 60, 1 – 2 / Jes 5, 20

Weil die Elenden Gewalt leiden und die Armen seufzen, will ich jetzt aufstehen, spricht der Herr, ich will Hilfe schaffen dem, der sich danach sehnt. / Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Kraft, vor wem sollte mir grauen?                Ps 12, 6 / Ps 27, 1

Als ich den Herrn suchte, antwortete er mir und errettete mich aus aller meiner Furcht. – Der Herr ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind, und hilft denen, die ein zerschlagenes Gemüt haben.                         Ps 34, 5.19

Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den Nöten, die uns getroffen haben. Darum fürchten wir uns nicht, wenngleich die Welt unterginge und die Berge mitten ins Meer sänken …                                   Ps 46, 2

Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, der spricht zu dem Herrn: Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe. Denn Er errettet mich vom Strick des Jägers und von der verderblichen Pest. Er wird dich mit seinen Fittichen decken und Zuflucht wirst du haben unter seinen Flügeln. Seine Wahrheit ist Schirm und Schild, dass du nicht erschrecken mußt vor dem Grauen der Nacht, vor den Pfeilen, die des Tages fliegen, vor der Pest, die im Finstern schleicht, vor der Seuche, die am Mittag Verderben bringt …                         Ps 91, 1 – 6

Es ist gut, auf den Herrn vertrauen und nicht sich verlasssen auf Menschen. Es ist gut, auf den Herrn vertrauen und nicht sich verlassen auf die Mächtigen …                                                                                 Ps 118, 8 – 9

Psalmgebet zum Gottesdienst am Reformationstag 2020 auf dem Theaterplatz in Dresden

Weihnachten kommentarlos. Zum Heiligen Abend

Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge. Lk 2, 7

Weihnachten kann man nicht kommentieren. Menschliches Urteil, die Sprache erfasst das Weltereignis nicht: In Jesus ist Gott Mensch geworden. Gott, unendlich größer als alles Denkbare, will uns nahe sein mit seiner Liebe. Doch wo ist noch Platz für den Retter der Welt?

Wir bauen eine Krippe! Schlag auf Schlag. Aus dem harten Holz unserer Meinungen und den morschen Brettern unserer Angst. Wir bauen eine Krippe. Schlag auf Schlag. Mit den Nägeln unserer Lieblosigkeit und mit spitzen Zungen. Wir bauen eine Krippe. Schlag auf Schlag. Gepolstert mit dem leeren Stroh der Menschen-Klugheit. Aufgeschüttet unsere kalten Gedanken, stachligen Fragen und der bohrende Zweifel, als Splitter im Stroh: Wo liegt von allem der Sinn?

Wir bauen eine Krippe. Schlag auf Schlag. Keine Liebe? – Schlag zu! Keine Achtung? – Noch ein Nagel! Kein Rückgrat? – Feste drauf! Jeder ist sich selbst der Nächste? – Nur zu! Und der letzte Hieb: Was brauchen wir einen Gott? Wir schaffen uns auf Erden schon unseren eigenen Himmel.

Die Krippe ist fertig für den Retter der Welt. Jesus, Gottes Sohn, als Mensch geboren: Willkommen auf Erden. Vergib uns, sieh doch: dein Lager —

1996 / 98

Im Zeichen des Fisches

Ein Fisch schwimmt ruhig im Brackwasser der Weltgeschichte, Gott spricht: “Es werde Licht!”, da wird es klar, ein weites Meer, man sieht bis auf den Grund, und die aufgehende Sonne am Horizont: Ichthys – Jesus Christus, Gottes Sohn, der Retter. Und ein Engel Gottes spricht: Fürchtet Euch nicht! Siehe, ich verkündige Euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird, denn Euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.  

                                                                                                            Lk 2, 10. 11

09. Dez. 2020

Meine Seele erhebt den Hern; und mein Geist freut sich Gottes, meines Heilandes. … Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen.

(Lk 1, 46-47. 52)

Kyrie eleison. Herr, erbarme dich unser.
Lob sei Dir, Christus! Der Du im
Anfang warst: das Wort
Unmündigen ist es offenbart, Gottes Kraft erweist sich in den
Schwachen mächtig.  

Schattenhaft gehen  unser Tage dahin
Christus aber bleibt: die Wahrheit, das Leben
Hoffnung für alle, Licht der Welt, der
Weg aus dem Dunkel –   
Auferstehung zum ewigen Leben. Weh dem, der da sitzt im Rat der
Bösen …

09. Dez. 2020

1. Vom Himmel hoch, da komm ich her, ich bring euch gute neue Mär, /
der guten Mär bring ich so viel, / davon ich singn und sagen will.

2. Euch ist ein Kindlein heut geborn / von einer Jungfrau auserkorn, /
ein Kindelein so zart und fein, / das soll eu’r Freud und Wonne sein.

3. Es ist der Herr Christ, unser Gott, / der will euch führn aus aller Not, /
er will eu’r Heiland selber sein, / von allen Sünden machen rein.

12. Das hat also gefallen dir, / die Wahrheit anzuzeigen mir, /
wie aller Welt Macht, Ehr und Gut / vor dir nichts gilt, nichts hilft noch tut.

15. Lob, Ehr sei Gott im höchsten Thron, / der uns schenkt seinen ein’gen Sohn.
Des freuet sich der Engel Schar / und singet uns solch neues Jahr.

Martin Luther 1535 nach Lk 2, 9 –  16 (vgl. Evang. Gesangbuch, Leipzig 1994, Nr. 24 und
Gotteslob, Leipzig 2013, Nr. 237, hier leider gekürzt)

Weihnachtliche Skizze 1958                         von Rudolf Zenker (1923 – 2017) 

GESTERN war es noch anders … Den Tag zuvor hatte es geregnet; nun hockte der Nebel in der großen Stadt, und zwischen die Häuser schlich sich die Kälte ein. Fröstelnd eilten Menschen über nebelnasse Straßen, in deren Asphalt sich schlanke Frauenbeine, der moderne Zauber bunter Neonschlangen und weihnachtlich dekorierter Schaufenster spiegelten. Staunend blickten Kinder aus blanken Augen auf die Spielzeugherrlichkeiten – und schon wurden sie von ungeduldigen Müttern weitergezerrt.

Jedermann wie angetrieben von einer unsichtbaren Macht. Ladentüren gingen auf und schlossen sich, Menschen stauten sich vor hellerleuchteten Auslagen, Päckchen stießen aneinander, von Vorbeigehenden getragen, die sich flüchtig oder gar nicht entschuldigten.

Vorweihnachtszeit, Advent! Von irgendwoher trug der Wind die Melodie eines alten Weihnachtsliedes, gespielt auf einer Ziehharmonika, von einem der zahlreichen Straßenmusikanten, die auf zugigen Bürgersteigen vor kaltglitzernden Schaufenstern froren. Gespenstische Gesichter im grellen Neonlicht. Giftgrüne Lippen, unwirkliches Lächeln im knallroten Schein, ein hellgelbes Augenpaar und fahlweiße Wangen. Autos kreischen pfützensprühend um Rinnsteinecken.

Und mitten in diesem vorweihnachtlichen Allerweltstheater kroch unablässig Nebelnässe die hohen Häuserfassaden hinunter, über farbige Leuchtstoffröhren und Reklameplakate mit langflügeligen Engeln und pausbäckigen, biederen Weihnachtsmännern, ließ sich tropfenweise fallen von den kahlen Ästen der Straßenbäume und fand sich wieder auf den Gesichtern der Dahineilenden, im schillernden Spiegel der Großstadtstraße.

Fast unbeachtet, verlassen stand der riesige Weihnachtsbaum vor dem alten Rathaus. Seine Lichter leuchteten trübe im Nebel und im Glanz der großen Stadt.

Heute ist alles tief verschneit,  es ist der Tag vor dem Heiligen Abend. Leise sind in der Nacht große Schneeflocken zur Erde geschwebt und haben behutsam, wie eine Mutter ihr schlafendes Kind, Häuser und Straßen, die ganze große Stadt zugedeckt.

Blanke Kinderaugen blicken jetzt überall staunend durch halbvereiste Fensterscheiben in die weiße Wunderwelt hinaus. Wie die weißen Flöckchen vom Himmel tanzen! Wenn sie erzählen könnten …

Die kleinen Mündchen hauchen immer wieder markgroße Flecken in den Eisbelag der Scheiben. In den Kinderherzen wohnt ungeduldige Erwartung, die Vorfreude auf bunte, glitzernde Weihnachtsbäume, und auf Spielzeug im Lichterglanz. Hinter verschlossenen Türen raschelt geheimnisvoll Papier, Tannenreis duftet, und ein leichter Pfefferkuchenduft durchzieht die Zimmer. Was könnten die tanzenden Flöckchen, die überall neugierig in die Stuben blicken, nicht alles erzählen. Von dem tausendfältigen Weihnachtswunder, der kommenden Heiligen Nacht!

Ein junger Mann geht langsam zwischen den verschneiten Buden des Weihnachtsmarktes hindurch. Gedankenverloren sieht er über das ausgelegte Spielzeug, die Pfefferkuchen und all den glitzernden Baumschmuck hinweg. Was für ein Geschenk sollte er auch in letzter Stunde suchen? Unter den rechten Arm geklemmt trägt er einen kleinen Tannenbaum. Hui, da stiebt  die Baum-spitze pulvernd Schnee! Ein paar Spatzen vor einer schon verlassenen Würstchenbude fliegen krakeelend auf.

„Na, junger Mann, noch etwas Schönes mitnehmen für’s Fest?“ – Er stutzt und bleibt stehen. Ach so, die dicke Frau aus der Spielzeugbude dort drüben hat ihn   gemeint. Er lächelt. „Nur ausgewählt, mein Herr!“ ruft die Händlerin herausfordernd. Sie sieht wie eine Weihnachtshexe aus, denkt er. Die spitze rote Nase, das dicke um den Kopf geschlungene Wolltuch … An den Füßen trägt sie alte, märchenhafte Filzschuhe. Es fehlt nur noch das Weihnachts-pfefferkuchenhaus.

„Ein Püppchen vielleicht – oder für den Jungen eine Eisenbahn?“, fragt sie, jetzt schon bestimmter, ihrer Sache sicher. Überraschend schnell der junge Mann: „Geben sie mir die Puppe, bitte.“ Er wählt nicht, sieht sich die Puppe gar nicht an, kramt in einer Tasche seines halblangen Mantels, bezahlt und eilt davon, wie einer, der lange etwas gesucht hat und nicht erwarten kann, es nach Hause zu tragen.

Der kurze Wintertag ist nun bald zu Ende. Dort am Park leuchten die  Straßenlaternen auf den glitzernden Schnee. Hier und da schimmern die ersten brennenden Christbaumkerzen aus den Fenstern. Dort oben, unter dem Giebel, wo das Licht so flackert, da sitzt vielleicht ein altes Mütterlein vor einem kleinen Bäumchen, alte, blinde Glaskugeln leuchten ihr wie kostbares Kristall, und die neue Wolljacke ist so schön warm …

Friede auf Erden! Wie viele Jahre schon hatte er diesen Frieden nicht mehr im Herzen gespürt.

Das war ein Weihnachten kurz nach dem Kriege gewesen. Er lebte nach all dem wieder bei seinen Eltern in der kleinen sächsischen Stadt. Was gab es schon für’s Weihnachtsfest zu kaufen: ein paar brotähnliche Pfefferkuchen, hartes Zuckerzeug, keine Nüsse, kaum ein paar Christbaumkerzen. Die Gesichter aller Bekannten waren vom Hunger gezeichnet – auf den Straßen Menschengesichter, die aussahen, als würden sie nie mehr lachen können. Niemand konnte viel und Wertvolles schenken. Das Kostbarste war die kleine Gemeinschaft um den Christbaum – in vielen Familien blieben Stühle leer und die Augen freudlos.

Doch er war gerade damals so reich gewesen: auf dem Dachboden hatte eine riesige Kiste voller Spielzeug aus seiner Kindheits- und Jugendzeit gestanden, die er, auch als er erwachsen geworden war, immer sorgsam hütete. — Jetzt fröstelte ihn. Er hatte dem armen Flüchtlingskinde aus Schlesien, das Tür an Tür mit ihm wohnte, nichts von diesem Spielzeug gegeben.

Wie glücklich wäre die Kleine da gewesen!

O törichte Herzensträgheit! Noch jetzt klingt das alte Weihnachtslied aus der Spieldose seiner Großmutter in seinen Ohren, aus einer fernen Zeit, wo es noch keine Radioapparate gab. Wie groß war die Freude am Ersten Feiertag gewesen, wenn in der Guten Stube die Spieldose von Weihnachten sang — 

„Hallo, Herr …!“ Der Ruf der schmächtigen Frau verhallt im düsteren Schacht des Treppenhauses. Stockwerke tiefer klappen ein paar eilende Schritte. „Vielen Dank! Wir danken Ihnen!“ – Das hört er noch, dann schlägt die Haustür zu. Der junge Mann verschwindet im Schneegestöber. Oben hält ein glückliches Kind die große schön bekleidete Puppe in seinen Armen und drückt sie wieder und immer wieder …                

Sebnitz, 11. 12. 1958 (R. Z.), bearb. 2018 / 2020 (G. Z.)

Weihnacht                                              von Rainer Maria Rilke (1875-1926)

Die Winterstürme durchdringen
Die Welt mit wütender Macht. –
Da sinkt auf schneeigen Schwingen
Die tannenduftende Nacht …

Da schwebt beim Scheine der Kerzen
Ganz leis nur, kaum, daß du’s meinst,
durch arme irrende Herzen
der Glaube – ganz so wie einst …

Da schimmern im Auge Tränen,
du fliehst die Freude – und weinst,
der Kindheit gedenkst du mit Sehnen,
oh, wär es noch so wie einst! …

Du weinst!… die Glocken erklingen –
Es sinkt in festlicher Pracht
Herab auf schneeigen Schwingen
Die tannenduftende Nacht.

Bittere Mandeln

Wollen wir nicht mit den Kindern Stollen backen im Advent? – Die bitteren Mandeln gibt es in der Apotheke. 120 g brauche ich für mein Rezept. So viel? Vorsicht Blausäure! In der Apotheke in Z. gibt es bittere Mandeln nur auf Zuteilung. Zehn Gramm pro Person. Da muß ich dann meine Frau, meinen jugendlichen Sohn und noch ein paar Freunde schicken. Immerhin: zehn Gramm habe ich schon für 1,70 Cent, die junge Verkäuferin war freundlich, hätte mir gern mehr gegeben.

Jetzt flink in alle Apotheken der Stadt. – Nein, ich erlaube mir einen Spaß. Ich ziehe den Jackenkragen hoch, und die Mütze tief ins Gesicht, dann gehe ich  eine dreiviertel Stunde später noch einmal in dieselbe Apotheke, zu einer anderen Verkäuferin. Die Erste ist noch da und wiegt mir die zweite Zuteilung ab. Ihre Augen lächeln, hat sie mich erkannt?

In einer anderen Apotheke, unterwegs nach S., bekomme ich doch wirklich ohne Weiteres ganze 90 Gramm. – Wenn der Stollen gelingt, wird er in diesem Jahr besonders duften …  Nach den Lücken in jedem irdischen Gesetz.

08. / 09. Dez. 2020

Märchenhaft

Die Fußgängerzonen sind jetzt nichts für meinesgleichen. Da entziehe ich mich doch lieber dem wachsamen Auge, das Gesichter nicht mag, und flüchte in den Wald. Dort treffe ich vielleicht Rotkäppchen, das mir von Kuchen und Wein zu kosten gibt, mich dann – zum Wolf führt. Und mir unterwegs erzählt, wie blumig doch die Welt ist, die der Große Klaus S. uns bereiten will.  

09. Dez. 2020

Vor den Kriegen …

M. von Hochfeld: Weihnachtsgedanken (1909 / 1910)

Mitten hinein in eine friedlose Welt erklang einst auf Bethlehems Fluren die frohe Engelsbotschaft: „Friede auf Erden!“ Sie wollte Antwort geben auf die unendliche Friedenssehnsucht, die so alt ist wie die Menschheit selbst und der ein jedes Jahrtausend durch seine Dichter und Denker andern Ausdruck verliehen hat und noch verleiht – denn auch heute noch geht durch unser aller Herzen diese ewige Sehnsucht, die sich in dem Wunsche löst: „Süßer Friede! Komm, ach komm in meine Brust!“  … Es ist die Sehnsucht nach einer Zeit, da sich einmal der Streit wild entfesselter Leidenschaft wird geschlichtet haben, nach einer Zeit, da die lastenden Rätsel des Lebens sich lösen werden.  …

Wie im Leben der Völker, so auch im engeren Bezirk der einzelnen Nation! Auch da klingt der Ruf nach friedlichem Ausgleich der Gegensätze, so laut auch der „Kampf ums Dasein“ und „das Recht des Stärkeren“ proklamiert werden mag. Es ist überall dasselbe Bild: Dem Kampfe gegenüber behält die uralte Sehnsucht nach Frieden doch ihr Recht, denn sie ist ewig jung und unausrottbar. Unausrottbar endlich ist auch in der eigenen Brust die Sehnsucht nach Frieden.  … Unser stärkster Feind, das sind wir selbst – der große Riß, der durch die ganze Welt geht, er geht auch durch jedes einzelne Menschenherz. Oder hast du nie mit dir selbst in Streit und Zwiespalt gelegen, hast du nie unter dem Kampf der beiden Naturen in dir gelitten? Haben diese „zwei Seelen“ in deiner Brust … dir nie dunkle Stunden der Verzagtheit gebracht? Ich meine, jeder von uns kennt solche inneren Kämpfe. Aber auch jedem von uns gilt die weihnachtliche Friedensbotschaft, und keiner ist von ihr ausgeschlossen. Jeder kann die große Erfahrung machen, die einst der große Augustinus dahin zusammenfaßte: „Unser Herz ist unruhig, bis es Ruhe findet in dir, o Gott.“ …

Sonntagszeitung fürs Deutsche Haus, Jg. 1909 / 1910, S. 301.  Aus der Bibliothek meines Vaters Rudolf Zenker (1923 – 2017). Gekürzt. – Vgl. Jer 6, 13.14: Friede!, Friede!, und ist doch nicht Friede …  

Die Weihnachtsbotschaft des Lukas (Lk 2, 1 – 14)

Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung* war die allererste und geschah zu der Zeit, da Cyrenius Landpfleger in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt.

                                      * Ein Zensus, eine Volkszählung zum Zwecke der Steuererhebung.

Da machte sich auf auch Joseph aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur  Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe, die war schwanger.

Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn Windeln und legte ihn in einer Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.

Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und siehe, der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegend.

Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Herrscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens.

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