WendeBlätter 2020, Ausgabe 33

Es ist an der Zeit. Zitate aus Liedern zum Nachhören und Nachdenken*

Ermutigung

Wolf Biermann (geb. 1936)

Du, laß dich nicht verhärten
in dieser harten Zeit.
Die allzu hart sind, brechen,
die allzu spitz sind, stechen
und brechen ab sogleich.

und brechen ab sogleich …

Gegen den Wind

Reinhard Mey (geb. 1942)

Gegen den Wind
Gegen den Strom
Gegen den Wind
Gegen den Geist der Zeit
Gegen die Dummheit, mein Kind
Nur ein Querdenker, ein Freigeist
Findet aus dem Labyrinth
Fliegen kannst du nur gegen den Wind

Fliegen kannst du nur gegen den Wind

Es ist an der Zeit

Hannes Wader (geb. 1942)  & Konstantin Wecker (geb. 1947) & Reinhard Mey

Live 2014

Ja, auch dich haben sie schon genauso belogen
So wie sie es mit uns heute immer noch tun
Und du hast ihnen alles gegeben:
deine Kraft, deine Jugend, dein Leben …

* Ich möchte die hier zitierten Liedermacher nicht vereinnahmen, kenne ihre Position zur gegenwärtigen Lage nicht, mitgeteilt wird lediglich, wie ich (G. Z.) ihre Lieder heute als Trostworte der Ermutigung höre und verstehe.         28. Dez. 2021

Vertrauen? Zu einem Hirtenwort heute … 

Ein katholischer Bischof („Heinrich, der Kirchenwagen bricht!“) schreibt einen Hirtenbrief zum 1. Advent 2021, der auch im Netz veröffentlicht wird. Er klingt anders als die Hirtenbriefe, die in der Nazizeit meine Großmutter getröstet haben. Bischof Heinrich T. plädiert für Verzicht, Vertrauen, Veranwortung. Mit dem Zweiten ist hier neben dem Gottvertrauen, das nolens volens ins Beiläufige gerät, vor allem das Vertrauen in „Politik, Medizin und Pharmakologie“ [Pharmalehre, Pharmadoktrin] gemeint, Vertrauen in weltliche Lenkung. Ein Konkordat, eine Vereinbarung zwischen Kirche und Macht, sich gegenseitig in Ruhe zu lassen, ist hier gar nicht nötig. Kirche unterwirft sich einfach. Gar aus Überzeugung! Das ist alles sehr sehr beschämend.*

* Im evangelischen Bereich und bei den Freikirchen steht es leider nicht besser. „Mehrheit“ ist hier kein Argument, das wirklich rechtfertigen könnte …

Der Bischof schreibt: „Ich bin weder Volksökonom noch Mediziner. Aber ich habe ein Vertrauen in die Politik, Medizin und Pharmakologie unseres Landes. Nicht jede Entscheidung wird im Rückblick richtig sein. Aber ich vertraue darauf, dass die Entscheidungen mit bestem Wissen und Gewissen getroffen werden.“ – Eben darauf will ich  (G. Z.) als Protestant mein Vertrauen, meine Hoffnung nicht setzen!


Bischof Heinrich T. / Dresden weiter im „Hirtenbrief“ vom 1. Advent: „Ich vertraue darauf, dass das Impfen schützt und künftiges Leid verhindert – sowohl für das Land, als auch den Einzelnen. Die Ethikkommission des Bistums spricht sich ebenso uneingeschränkt für eine Impfung aus. Ich werde niemanden verurteilen, wenn er für sich zur Entscheidung kommt, sich nicht impfen zu lassen.“ – Wirklich nicht? Das klingt im Fortgang des Textes anders: „Wir Bischöfe sehen in der Impfung eine moralische Pflicht zum Wohl aller. Das gilt selbstverständlich auch für mich: Heute Nachmittag werde ich meine Booster-Impfung bekommen. Es ist ein Ethos christlicher Nächstenliebe, bei einer solchen Entscheidung genau abzuwägen, welche persönlichen und welche gesellschaftlichen Folgen daraus erwachsen können.“

Dann wägen Sie gut, Herr Bischof! Nicht jede Entscheidung wird im Nachhinein verantwortbar sein. Sie wollen nicht verurteilen? Bleibt zu hoffen, dass Sie im entscheidenden Augenblick auch der Verurteilung und Ächtung von Impfgegnern durch die Gesellschaft eine klare Absage erteilen. – Ich denke, Sie wissen nicht, welche Verantwortung Sie sich mit diesem Hirtenbrief zum 1. Advent 2021 und dem Plädoyer für die Impfung aufgeladen haben …

03. / 29. Dez. 2021

Vom Seufzen der bedrängten Kreatur*

* Kolumne in der überregionalen, von den Großmedien verfemten, Wochenzeitung „Demokratischer Widerstand“ (Hg. Anselm Lenz) vom 11. Dezember 2021, S. 7.

Nicht die Finsternis wird siegen, sondern das Licht. Das ist die zentrale Botschaft der Bibel, sie führt in den Advent hinein. „Das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht ergriffen“ (Joh 1, 5). Gegen alle dunklen Parolen, alles Getön, alles Obskure die Stimme des Lichts. Christus Salvator, der Retter ist nah, er steht vor unserer Tür, klopft an, hört das Seufzen der bedrängten Kreatur, die nach Erlösung aus Finsternis und Knechtschaft schreit.

Wichtig ist, nicht alles vorbehaltlos zu glauben. Aber worauf richtet sich der Zweifel des modernen Zeitgenossen? Menschenworten schenkt er nur allzu schnell Vertrauen, das Gotteswort ist ihm suspekt. So geht er in die Falle, vertraut am Ende der  Finsternis mehr als dem Licht. Ja, es ist eine wichtige Frage, auch für Christen: Worauf richtet sich unser Zweifel? Und wem können wir glauben, wem vertrauen? Hier gehen Menschen, ganze Völker in die Irre.

„Wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick mit uns seufzt und sich ängstet“, schreibt Paulus (Röm 8, 22). Und im Ersten Johannesbrief heißt es: „Die ganze Welt liegt im Argen“, im Herrschaftsbereich des Bösen (1 Joh 5, 19). Der Böse, der hier gemeint ist, wirkt mit dunklen Mächten und Gewalten, nicht nur das Böse in uns als Neutrum, das mit einem anderen Wort Sünde genannt wird. Leider dient auch ein flacher Sündenbegriff oft der Verharmlosung der Situation: „Das kann nicht sein, so böse ist doch niemand!“

Gott bewahre uns vor solcher Gutgläubigkeit … Diabolos, der Chaoserzeuger, wirkt und ist greifbar nah, vollführt seine Machttänze, hat seine Diener. Als Person (lat. persona bezeichnet die Maske im antiken Theater) lässt er sich nicht ohne weiteres fassen, zu vielfältig sind seine Verkleidungen. „Es ist aber nichts verborgen, was nicht offenbar wird, und nichts geheim, was man nicht wissen wird. Darum, was Ihr in der Finsternis sagt, das wird man im Licht hören …“ (Lk 12, 2 – 3).

Demut? Ja. Mit sorgfältiger Wahl des Gegenübers. Kein Götzendienst vor dem Altar der Angst! „Seht auf und erhebt Eure Häupter, weil sich Eure Erlösung naht“ (Lk 21, 28).

01. / 11. Dez. 2021

Marktgespräche. Zum Schutz der Nichtgeimpften

Auf dem Markt in S. treffe ich einen Mann, er ist ungefähr meines Alters, ein entfernter Nachbar. Leider bin ich montags, wenn man sich auf dem Markt versammelt, meist nicht in der Stadt, sage ich. Stopp, nein, es ist zu spät. Von der Montagsdemonstration will er nichts wissen, ich sehe es an seinem abweisenden Gesicht. Wo ist denn nun dein Zuhause? Bei der Familie in der Oberlausitz. Fahrender Geselle, sagt er. Ich frage nach dem Chor, ob der noch singt. Nein, antwortet er. Die Maßnahmen … Um  die Nichtgeimpften zu schützen. Leute wie Dich. Ach, denke ich, jetzt wird die Bedrängnis, die Bedrohung, die Invasion noch als Samariterdienst ausgegeben. Etwa so, wie man 1968 die Invasion in die CSSR als Bruderhilfe deklariert hat.

Schieb doch die Schuld an der ganzen Misere nicht den Nichtgeimpften zu, nach der Art: „Die Juden sind unser Unglück“, bemerke ich. Dann läuft das Gespräch weiter in den üblichen Bahnen des einander Nichtverstehens. Beweise mir mal, sagt er, dass die Maske der Gesundheit schadet! Er hat viele Bekannte, die im Gesundheitswesen arbeiten. Was will man da antworten … Etwa, dass die Behauptung der Überbelegung von Intensivbetten nicht der Wahrheit entspricht* und auch mehrfach Geimpfte sich anstecken, weil ihr durch die Impfung geschwächtes Immunsystem versagt?

Vgl. „Die Lage auf den Intensivstationen“ [Jan. 2021] – In: Wissenswertes zur Corona-Impfung, Berlin: Mandelzweig e. V., 2021, S. 30.

Es sind ja nur noch wenige, die sich nicht impfen lassen, heißt es dann. Zu anderen Zeiten waren es auch nur wenige, die dem System widerstanden. Die Wende 1989 hat mit sehr Wenigen angefangen.  Die Zahl ist hier kein Kriterium.* „Bleib gesund“, sagt er beim Abschied. Und ich: „Bleib aufrecht. Freies Atmen. Und gute Erwartungen!“ 

Vor zwei Jahren hat er mich noch eingeladen, im Chor mitzusingen. Und jetzt: keine Brücke? Ein Sänger, ein guter Katholik, beugt sich aus tiefster Überzeugung dem Verbot des Gesangs …  

* Nachtrag: Zu einer Mehrheit oder Minderheit zu gehören, sagt über den Wahrheitswert gar nichts aus. Mehrheitsverhältnisse sind im Blick auf Wahrheit kein Kriterium. Anders gesagt (mit einem Beispiel): Ob Jesus der Weg, die Wahrheit und das Leben sei (vgl. Joh 14, 6), darüber kann man nicht abstimmen. Man kann festellen, wer für oder gegen diese Wahrheit ist [auch viele Querdenker würden hier Nein sagen, leider], die Wahrheit selbst bleibt davon unberührt, sie besteht jenseits unserer Abstimmungsverhältnisse.

03. / 29. Dez. 2021

Vivian Richter:

Gespräch mit Gott. Gedanken zur Weihnacht

* Bemerkung der Redaktion: Das klein geschriebene „ich“ der Autorin im folgenden Dialog lassen wir bewusst so stehen. Es ist gewiss kein Ausdruck von Identitätsverlust, eher eine Haltung, bei der das Ich sich selbst nicht gar so wichtig nimmt, wo wir Menschen doch sonst leicht dazu neigen, das geplagte ICH an Gottes Stelle zu setzen.

In zwei Tagen ist Heilige Nacht & ich denke an Jesus, der später unter unsäglichen Leiden alle Schuld der Menschen auf sich nahm. Dann gehen meine Gedanken ein wenig chaotische Pfade, bis sich der Satz „Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst“ kristallisiert. Prima, ist ja ganz einfach, solange es sich um Menschen handelt, denen ich emotional nahe stehe. Doch dann erinnere ich Situationen, in denen Uniformierte meine NÄCHSTEN waren & zwar im Wortsinn. Mich an den Armen gepackt hielten, mich meiner Freiheit beraubten, mir absichtlich Schmerzen zufügten. Na, da muss ich doch mal kurz bei Gott nachfragen.

ich: „Die soll ich lieben wie mich selbst?“

Gott: „Jepp.“

ich: „Nicht dein Ernst!“

Gott: „Doch.“

ich: „Geht’s noch? Die haben mir wehgetan & wollten mich demütigen.“

Gott: „Komm schon, Mädel, ich weiß, dass du dich nicht allzu schnell gedemütigt fühlst & das auch deutlich zeigst. Und was die Schmerzen betrifft; wir beide wissen, dass du sehr robust bist. Ich habe dich schließlich so GEMACHT. Also hör auf zu jammern.“

ich (leise vor mich hin murmelnd): „Blödmann.“

Gott: „Das habe ich gehört.“

ich: „Ist mir wumpe, ich kann dich nämlich gerade überhaupt nicht leiden.“

Gott (lächelnd):„Ich weiß.“

ich: „Das nächste Mal kannst du mir in so einem Moment auch einfach mal helfen & die Typen mit ‘nem Blitz strafen.“

Gott: „Ist nicht mein Job.“

ich (hoch erzürnt): „Na toll. Machst du eigentlich IRGENDWAS?“

Gott (lehnt sich entspannt zurück & schweigt): —

ich (sehr lautstark): „Alter, ich rede mit dir.“

Gott: „Ich höre, du brauchst also nicht so zu schreien.“

ich: „Mann, ich ekle mich so abgrundtief vor solchen Uniformierten. Kannst du mir einfach ‘ne andere Aufgabe geben?“

Gott: „Nö.“

ich: „Warum?“

Gott: „DIESE Frage? Echt jetzt?“

ich: „Pfff.“

Gott (lacht schallend): „Allein dafür habe ich dich lieb.“

Vivian Richter, Dresden

22. Dez. 2021

Perspektive 2022

Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüte, und deinen Nächsten wie dich selbst.

                                           Lukas 10, 27 (vgl. 1. Mose 6, 5 u. 3. Mose 19,18)

Keine Gewalt gegen Polizisten, in keiner Form! Auch dann nicht, wenn sie provozieren und Gewalt üben. Es gibt Kräfte, die nur darauf warten, einen Vorwand suchen, den Ausnahmezustand zu verkünden, die frontale Diktatur.

„Selig sind die Sanfmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen.“ – „Selig sind die Friedferigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“   Matthäus 5, 5. 9

30. Dez. 2021 (G. Z.)

O du fröhliche … Schatten des Paradieses

Heiligabendgottesdienst 2021 in einer Dorfkirche in Sachsen. Eingeladen sind nur die Geimpften und die Genesenen (erste Reduktion), Vorrang haben die Eltern der Krippenspiel-Kinder (zweite Reduktion). Weil es an die 30 Kinder sind, ist die Kirche dennoch erstaunlich gut besetzt. Mit Ausnahme von Familie Z. ist es eine Gemeinde der Maskierten – ein trauriger Anblick. Nur ein einziges Lied darf gesungen werden: Stille Nacht, heilige Nacht … Der Prädikant aus dem Nachbardorf, der hier ehren-amtlich den Gottesdienst hält, kann es nicht lassen, gleich zu Beginn auf die aktuelle Situation zu verweisen, was sehr danach klingt: Wir sind hier versammelt nicht nur im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, sondern vor allem, ganz weltlich: im Namen der Corona-Angst, der Corona-Gefügigkeit.

Meine beiden erwachsenen Kinder aus D. sitzen mit mir auf der linken Seite in einer der hintersten Reihen. Es spielt die Orgel und der Posaunenchor. Wir singen, wo immer es geht, die Lieder mit. Soweit ich sehe im Alleingang. Oder höre ich da verhalten noch eine Stimme? Schade, dass von dem Liede „Es ist ein Ros’ entsprungen“ nur eine Strophe kommt, mein Sohn und ich hatten uns gerade auf den Bass eingestimmt. Einige Bänke vor uns ein junges, maskiertes Paar, das nicht recht bei der Sache ist, sich immerfort etwas zutuschelt, kichert, sich auch bei der Lesung des Weihnachts-evangeliums unaufmerksam zeigt. Vielleicht sind die beiden ja frisch verliebt und haben sich Wichtiges zu sagen. Sie benehmen sich wie in einer Theatervorstellung, nur im Theater hätte sie jemand angesprochen und gebeten, doch bitte Ruhe zu geben.

Als die Gemeinde „Stille Nacht“ singt, klingt es reichlich dünn. Zunächst sind da die Masken, die am Singen hindern. Zudem besuchen viele der heute Anwesenden das Jahr über kaum den Gottesdienst, im Allgemeinen wird heutzutage viel zu wenig gesungen. Und nun noch weniger …

Der Gottesdienst geht zu Ende mit dem Liede „O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit …“ Da dreht sich die junge Frau da vorn nach uns um, schüttelt missbillend den Kopf. Weil wir singen. Ich nicke zum Zeichen: Ja, wir freuen uns. Da zückt sie das Handy und versucht, mich ins Bild zu bekommen. Ich hebe das Gesangbuch … Unglaublich. Fünf meiner Kinder, das kann sie nicht wissen, stehen da vor dem Altar und auf der Empore, waren beim Krippenspiel dabei, haben fröhlich die Weihnachtsbotschaft verkündigt. Meine Frau hat das Spiel gemeinsam mit einer jungen Kirchenältesten wochenlang vorbereitet und im Gottesdienst mit der Geige begleitet. – Bei aller Nächstenliebe: das Singen lasse ich mir nicht verbieten …

24. / 28. Dez. 2021

Wo bleibst Du, Trost der ganzen Welt …

Ich lag in tiefster Todesnacht, du warest meine Sonne,

die Sonne, die mir zugebracht / Licht, Leben, Freud und Wonne.

O, Sonne, die das werte Licht / des Glaubens in mir zugericht‘,

wie schön sind deine Strahlen.

Paul Gerhardt 1653 / Ev. Gesangbuch Nr. 37, 3

Das schreib dir in dein Herze, / du hochbetrübtes Heer,eer

bei denen Gram und Schmerze / sich häuft je mehr und mehr;

seid unverzagt, ihr habet / die Hilfe vor der Tür;

der eure Herzen labet / und tröstet, steht allhier.

Was fragt ihr nach dem Schreien / der Feind und ihrer Tück?

Der Herr wird sie zerstreuen / in einem Augenblick.

Er kommt, er kommt, ein König, / dem wahrlich alle Feind

auf Erden viel zu wenig / zum Widerstande seind.

Paul Gerhardt 1653 / EG 11, 6 u. 9

O du fröhliche, o du selige, / gnadenbringende Weihnachtszeit!

Welt ging verloren, Christ ist geboren:

Freue, freue dich, o Christenheit!

O du fröhliche, o du selige, / gnadenbringende Weihnachtszeit!

Christ ist erschienen, uns zu versühnen:

Freue, freue dich, o Christenheit!

O du fröhliche, o du selige, / gnadenbringende Weihnachtszeit!

Himmlische Heere jauchzen Dir Ehre:

Freue, freue dich, o Christenheit

1. Hälfte 19. Jhd. / EG 44, 1 – 3

Ärzte gegen Impfdruck. Aus einem offenen Brief von 380 Medizinern*

 

* „Geringer Nutzen und noch unklare Risiken durch die COVID-Impfungen“: offener Brief an den Bundeskanzler, die Gesundheitsminister von Bund und Ländern, den Deutschen Ethikrat, die im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien, die Bundesärztekammer, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und an verschiedene Medien. Veröffentlicht am 16. Dez. 2021 (Kürzung: G.Z. am 30. Dez.).

 

Sehr geehrte Abgeordnete, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, – mit großer Sorge nehmen wir wahr, dass unsere Gesellschaft in gegen-COVID-Geimpfte und Ungeimpfte gespalten wird und dass auf Ungeimpfte ein wachsender Druck ausgeübt wird, sich impfen zu lassen. Wir fordern die Regierung auf, dieser Spaltung Einhalt zu gebieten und alle direkten und indirekten Zwangsmaßnahmen mit dem Ziel einer Impfung von bisher Ungeimpften nicht nur einzustellen, sondern aktiv zu unterbinden. …

Die Risiken der COVID-Impfstoffe.

Kein Arzneimittel oder Impfstoff hat seit Bestehen der entsprechenden Datenbanken in so kurzer Zeit so viele Meldungen von schweren, unerwünschten Wirkungen und Todesfällen erfahren wie die Impfstoffe gegen COVID-19. In seinem Sicherheitsbericht vom 20.9.2021 berichtet das Paul-Ehrlich-Institut von über 156.360 Meldungen über Zwischenfälle im zeitlichen Zusammenhang mit einer COVID-Impfung in Deutschland. Die Dunkelziffer nicht gemeldeter Fälle ist wahrscheinlich um ein Vielfaches höher. Von den gemeldeten Zwischenfällen endeten 1.450 tödlich, 15.122 (0,015% aller Impfungen) wurden als schwerwiegend eingestuft (Krankenhausaufnahme erforderlich).

Zu den schwerwiegenden Nebenwirkungen, deren Auftreten mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Impfung zusammenhängt, zählen die Herzmuskel- und Herzbeutelentzündung (Myo- und Perikarditis), schwere allergische Reaktionen (Anaphylaxie), Thrombosen (Lungenembolien, Schlaganfälle, Herzinfarkte), Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie, Blutungen) und Ganzkörperlähmung (Guillain-Barré-Syndrom).

Die Spätfolgen der bereits bekannten schwerwiegenden Nebenwirkungen und weitere, noch weitgehend unerforschte negative Effekte wie eine antikörperabhängige Verstärkung von Entzündungsprozessen bei erneuter Infektion (Antibody-dependent-enhancement [ADE]) und die Begünstigung der Entstehung von Immunkomplex- und Autoimmunerkrankungen durch die Nukleosid-modifizierte mRNA der mRNA-Impfstoffe sind wegen der kurzen bisherigen Beobachtungszeiten noch gar nicht absehbar.

Die Infektiosität von Geimpften und Ungeimpften

Aktuelle Studien zeigen, dass sich weder die Viruslast noch die Anzahl der Personen, an welche die Infektion weitergegeben wird, zwischen Geimpften und Ungeimpften unterscheiden. Geimpfte sind demnach genauso ansteckend wie Ungeimpfte und -können gleichermaßen zur Verbreitung der Erkrankung beitragen.

Aus diesen Gründen muss es jedem Menschen freigestellt sein, sich nach ehrlicher Aufklärung über Nutzen und Risiken frei für oder gegen die Impfung zu entscheiden. Eine direkte oder indirekte Impfpflicht ist auf der Basis der vorliegenden Erkenntnisse weder zu rechtfertigen noch ethisch vertretbar.

Fazit

… Die Behauptung, dass durch die Impfung andere Menschen vor COVID-19 geschützt werden, ist in Anbetracht der hohen Anzahl von Erkrankungen bei Geimpften und des fehlenden Unterschieds in der Infektiosität zwischen Geimpften und Ungeimpften nicht stichhaltig und unglaubwürdig. Eine Impfung von Genesenen ist weder wissen-schaftlich noch infektionsepidemiologisch sinnvoll.


Wir fordern daher


– den sofortigen Stopp der Ausgrenzung und Einschränkung von ungeimpften Kindern und Jugendlichen an der sozialen Teilhabe


– den sofortigen Stopp der einseitigen und die möglichen Schäden verharmlosenden Impfinformation, sowie ein Ende der Nötigung der Bevölkerung zur Impfung


– das sofortige Ende der Diskriminierung von Ungeimpften und der Ungleich-behandlung von Geimpften und Ungeimpften im öffentlichen Leben, am Arbeitsplatz und in Schulen sowie Kitas


– eine Rückkehr der politischen und medizinischen Entscheidungsträger zu (wissenschaftlicher) Neutralität, weg von der bislang geführten lobbykonformen Panikpolitik, die sowohl gezielt wissenschaftliche Tatsachen ignoriert als auch die freiheitlich-demokratischen Grundwerte mit Füßen tritt. …

Von der Sehnsucht nach dem Licht*

* Das Flugblatt, das unter dieser  Überschrift am  13. Dezemberr 2021 anstelle eines durch Verbote und Maßnahmen leider verhinderten Straßengottesdienstes veröffentlicht wurde, kann auf meiner Domain www.wb2020.de eingesehen werden.

Eine sächsische Kleinstadt. Das Rathaus, die Musikschule, das Theater, auch die Kirche –  so ein Theater! – haben  aus Protest gegen die Montagsdemonstration das Licht ausgemacht im Advent.

Wo ist nun die Finsternis, und wo das Licht?

Licht und Finsternis: Trostworte aus Jesaja                                                     

Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir! Denn siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über Dir geht auf der Herr und seine Herrlichkeit erscheint über dir.                                                                                                Jes 60, 1 – 2

Denn so spricht der Herr, der Hohe und Erhabene, der ewig wohnt, dessen Name heilig ist: Ich wohne in der Höhe und im Heiligtum und bei denen, die zerschlagenen und demütigen Geistes sind, auf dass ich erquicke den Geist der Gedemütigten und das Herz der Zerschlagenen.                                       Jes 57, 15

Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen.

                                                                                 Jes 5, 20

Fürchte dich nicht, ich bin mit dir; weiche nicht, denn ich bin dein Gott. Ich stärke dich, ich helfe dir auch, ich halte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit.                                                                                           Jes 41, 10

Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finsteren Lande, scheint es hell.         Jes 9, 1

13. / 30. Dez. 2021

Von den Holzwegen des Denkens. Bemerkung zu Peter Sloterdijk

Peter Sloterdijk: Der Staat streift seine Samthandschuhe ab. Ausgewählte Gespräche und Beiträge 2020 – 2021, Berlin: Suhrkamp, 2021

Holzwege sind Zweckwege, sie erfüllen eine Zeit lang ihren Zweck, dienen als Zufahrts- und Abfahrtswege der Ernte und dem Abtransport des Holzes, bevor sie zu Sackgassen werden, zu Holzwegen, die keine Fortsetzung haben und nirgendwohin führen. Aber immerhin bewegt man sich da im Walde und nicht nur in Gedanken-gebäuden, in denen keiner wirklich wohnen mag.

Vielleicht begebe auch ich mich eben auf einen dieser Holzwege. Hat ein Harvester ihn in den Waldboden gegraben, werde ich ihn von vorherein meiden. Die Narben im Wald sind zu offensichtlich, als dass ich dem Wege trauen könnte. Gehen kann man ohnehin nicht auf ihm.

Peter Sloterdijk, Jg. 1947, Kulturwissenschaftler und Philosoph. Ein scharfsinniger Denker und Sprachschöpfer ersten Ranges. Ich kenne in den engen geistigen Grenzen des deutschen Kirchenraumes keinen, der ihm da ebenbürtig wäre. Jedes Aber, jede Kritik gleitet an der Souveränität dieses Denkers und Sprachmeisters ab. Gott selbst hat ihm diese Kraft  verliehen. Auch das lumen rationale, das Licht der Vernunft, ist eine Gottesgabe, das wird im Aufstand der Rationalität gegen Gott oft vergessen. Wenn jedoch Kirchenleute mit ihrem Denken nicht mehr in die Tiefe des Lichtes kommen, müssen sie es den Philosophen überlassen, auch den atheistischen. Das verstehe ich als ein Art Gottesgericht.

Sloterdijks Werk ist unübertroffen, ein Gedankenkosmos. Was könnte die in diesem  Kosmos wirkende hohe Selbstgewissheit kritischen Denkens je erschüttern? – Vielleicht das schlichte, tief verwurzelte Gottvertrauen eines alten, vom Leben schwer geprüften, schweigsamen Mütterchens, dem das Wort Gottes (vgl.  Genesis 1 und Johannes 1) zum Hause des Seins geworden ist und das irgendwo in einem sächsischen Dorfe aus tiefstem Herzen täglich sein Morgen- und Abendgebet spricht. Vor solchem Gottvertrauen verblassen alle Gedankensysteme, mancheiner attackiert es aus Un-verstand, der Philosophie von Berufs wegen … 

Wer bin ich, dass ich Peter Sloterdijk auch nur erwähne … Ich möchte mich nicht mit fremden Federn schmücken. Aber ich darf meine Enttäuschung äußern über die jüngst veröffentlichten Gespräche und Beiträge 2020 – 2021, deren Titel: „Der Staat streift seine Samthandschuhe ab“ in dem Verdacht steht, eher Bejahung als Kritik zu sein.

Eine große Versuchung seit eh und je ist die der Hofphilosophie. Diente Philosophie einst als Magd der Theologie, hat sie sich im 18. Jahrhundert dem Vernunftkult verschrieben; Voltaire, der Religionsspötter mit spitzer Zunge ist letztlich auch nichts anderes gewesen als ein Hofphilosoph der Aufklärung. Der große Heidegger hat seinen Knicks gemacht vor der braunen Kleingeisterei. Wenn Philosophie nun zur Magd der Politik wird, ist sie ganz am Ende.

Was ich sagen will: Auch große Denker können sich versteigen, an entscheidendem Punkte gänzlich in die Irre gehen, sie deshalb ingesamt zu verwerfen, wäre töricht. Ich habe Sloterdijk 2000 in Weimar gehört, hatte bei der Lektüre vielfältige Berührungen mit dem Kosmos seines Denkens.* Ich will in der Haltung dessen bleiben, der einen Menschen und sein Denken schätzt, ihn im Innersten bewundert, ihm Achtung schuldig ist. – Aber die Enttäuschung sitzt tief.

* Gelesen habe ich u. a.: Kritik der zynischen Vernunft, 2 Bde. (1993), Sphären, 3 Bde. (1998, 1999, 2004), Regeln für den Menschenpark (1999), Im Weltinnenraum des Kapitals (2005), Du mußt dein Leben ändern (2009), Zeilen und Tage. Notizen 2008 – 2011 (2012). Die schrecklichen Kinder der Neuzeit (2014). – Noch offene Lektüre: Was geschah im 20. Jahrhundert? (2016), Nach Gott (2017), Den Himmel zum Sprechen bringen (2020).

In einem Gespräch, am 18. März 2020 im Druck erschienen, sagt Sloterdijk: „Das Vorteilhafte an einem Virus ist, daß wir es dem Bereich zuordnen können, den wir ‚Natur‘ nennen – sofern dieser Erreger mit seiner perfekten runden Fußballform aus einer spontanen Mutation entstanden ist und nicht in einem Labor für biologische Kriegsführung. Das Recht, sich gegen natürliche Aggressoren zu verteidigen, wird politisch selten in Frage gestellt …“ (S. 11). Woher nimmt P. S. (von der Höhe seines Denkens wirkt sein Werk wie ein unablässiges Postscriptum post tempora, nach allen Zeiten) diese Gewissheit, dass es sich um einen natürlichen Aggressor handelt? Welcher Gewissheit ist er da aufgesessen als ein an der Frankfurter Kritischen Theorie geschulter Philosoph, der doch weiß, dass hinter allem Geschehen in der Gesellschaft immer ein Interesse steht, die Wahrheit von Handlungzwecken und Cliquen-Interessen verdeckt wird?

Und wenn es etwas „Vorteilhaftes“ an dem Virus gibt, dann wohl dieses, dass sich eine Menge Profit daraus schlagen lässt …

Auf der einen Seite spricht Sloterdijk von unserer Hilflosigkeit im Umgang mit dem Tod, von der Überbetonung der Coronatoten in den Medien etc., auf der anderen Seite übernimmt er Medienworte wie „Pandemie“, „Coronaleugner“ völlig unkritisch und lässt auch das Schlagwort „Verschwörungstheorie“ unbefragt stehen.

Aus Sloterdijks These: „Für Übertreibung ist kein Platz mehr“ v. 18. April 2020 werde ich nicht klug. „Man erkennt, im Ausnahmezustand entsteht Monothematismus“ (S. 24), den die Medien verbreiten, deren Signatur es ist, durch „fortlaufende Krisenberichterstattung“ (S. 110) alles zu übertreiben. – Übertreiben wir auch bei Corona? „Bei Corona erleben wir zum ersten Mal, daß die Anfangsübertreibungen durch die Geschehnisse eingeholt werden. … Wir zählen Leichen, für Übertreibung ist kein Platz mehr. Die Medien würden jetzt viel lieber die Probleme verkleinern, statt sie zu dramatisieren“ (S. 25). Sagt er das nur oder glaubt er es wirklich? Da hat die mediale Repetitio (die unablässige Wiederholung) ihr Werk getan. Wie kann ein gestandener Philosoph und Medienkritiker, der von der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule herkommt, so unglaublich naiv von den Medien reden?

Im Beitrag „Der Staat zeigt seine eiserne Faust“ v. 05. Sept. 2020 antwortet Professor Sloterdijk auf die Frage: „Finden Sie Demo-Verbote in einer Pandemie nachvollziehbar?“ mit erschreckendem Klartext: „Nicht nur nachvollziehbar, sogar unvermeidlich angesichts der Tatsache, daß solche Demonstranten zusammenkommen, um gegen die Hygienevorschriften nicht nur zu protestieren, sondern gegen sie zu verstoßen. Ich kann diese Leute nicht verstehen. Da fehlt mir offenbar ein Sensorium oder ich habe im Laufe meines Lebens meine Protestenergie für andere Themen verbraucht“ (vgl. S. 61 / 62).

Den Begriff „Pandemie“ übernimmt Sloterdijk völlig kritiklos, das ist für ihn keine Übertreibung, sondern ein Faktum. Auch an der Sinnhaftigkeit der „Hygiene-regeln“ scheint er nicht zu zweifeln, hier offenbart er eine hohe Maßnahmen-gläubigkeit. Wenn dem Philosophen an so wichtigen Punkten (vielleicht waren ja die früheren Themen nicht ganz so wichtig) das Zweifeln abhanden kommt, steht es schlecht um die Philosophie. Im Übrigen findet man Leute, die in der DDR-Zeit ihre Protestenergie verbraucht haben und jetzt systemkonform argumentieren, sich dem System von Maske, Lockdown, Test und Nadel willig unterwerfen, im Osten Deutschlands nicht wenige … Und das ist dann immer eine herbe Enttäuschung.     

Herr Prof. Sloterdijk scheint, was die gegenwärtige Situation, das Aufeinanderprallen gegensätzlicher Gewissheiten, einander widerstreitender Auffassungen von Wahrheit, Gerechtigkeit und Freiheit betrifft, recht ruhig zu leben. Hier fällt der Meister sogar in den Jargon der Eigentlichkeit zurück: „In der Corona-Debatte gab es eigentlich nichts, was bezug auf meine Person besonders ärgerlich gewesen wäre“ (S. 60 / 61). Vielleicht, weil man sich nicht kritisch genug geäußert und in der Coronafrage jene Themen dialektisch umgangen hat, die der Macht unliebsam gewesen wären. Andere haben ihre kritische Meinungsäußerungen mit Diffamierungskampagnen bezahlen müssen – eine wirkliche Debatte in der medialen Öffentlichkeit hat ja nie stattgefunden.

Sehr verehrter Herr Professor Sloterdijk, ich wechsle zur Anrede, zur persönlichen Mitteilung, weil mich dieses unpersönliche Schreiben über ein ER (er hat dies oder jenes gesagt und getan) an das Denunzianten-Unwesen erinnert, das sich jetzt in unserer Gesellschaft breitzumachen droht. Als ein widerborstiges Kind der DDR habe ich bis heute eine tiefe Verachtung für alle Anschwärzerei.

Was mir an Ihrer Denkart 2020 / 21 Sorge macht, ist die Kongruenz mit der offiziellen Doktrin, der überall verkündeten politischen Lehrmeinung. Sie mögen Trump, Putin und die „ultrakatholischen Polen“ nicht (S. 164), stehen der AfD ablehnend gegenüber, reden flach von „Pandemie“, befürworten die als „Hygienregeln“ maskierten Maßnahmen des Staates, bezeichnen Demonstrierende als „Wahnsinns-Sucher“ und „Krawallisten im Alternativengewand“ (S. 157), verwenden völlig unkritisch das Schlagwort „Corona-Leugner“ etc. etc. Mit all dem liegen sie voll auf der Linie der Massenmedien. Dazu Ihre, alle Kritik der verletzten Gewaltenteilung relativierende, Demutshaltung dem Staate gegenüber (für mich ist das schon lange keine res publica mehr): „Der Staat kann sich selber im Augenblick [3. Dez. 2020] als großen Problemlöser genießen. In solcher Qualität hatten wir das lange nicht erlebt“ (S. 107).

Ja, es ist eine große Frage: „Warum treten zunehmend Leute aus der Wirklichkeit aus?“ (Gespräch vom 8. März 2021, vgl. a. a. O., S. 149 – 171). Sie wissen doch ganz genau, verehrter Herr Professor, wie interpretabel die Wirklichkeit ist. Ebensogut könnte ich Ihnen den Vorwurf der Wirklichkeitsflucht machen. Welcher „gemeinsamen Tageswirklichkeit“ (S. 163) folgen Sie denn mit den 19.00 Uhr-Nachrichten des Fernsehens? – Es ist kein Wunder, wenn Menschen von dem, was Sie unter „Vernunft“ verstehen (im Interview ist gar die Rede von einem WIR), „zu den Corona-Protesten konvertieren“ – nach Ihren Begriffen zu einer Sekte (vgl. S. 149). Wenn die „Konversion gegen das Gewöhnliche“ (S. 150) heute in der Luft liegt, hat das seine Gründe. In der Vergangenheit, nicht nur der deutschen, hat es durchaus Zeiten gegeben, wo die Vernunft ganz und gar nicht bei der Mehrheit gewesen ist, und es war eine geschundene Minderheit, die sich einem verhängnisvollen Irrglauben widersetzte. Sollten Intellektuelle im Zusammenhang der Geschehnisse 2020 / 21 wirklich zu Claqueuren, zu bestellten Beifallklatschern der sog. „Mehrheitsmeinung“ geworden sein (vgl. S. 61), wäre das eine sehr traurige Angelegenheit. – Ein Mann wie Sie, der die Massenpsychologie studiert hat, müsste doch wissen, dass Vernunft und Wahrheit kein Massenphänomen, keine Massenware sind. Bedenkt man, wie beeinflussbar die Masse heute ist, wie leicht man sie medial zur Mitläufermasse machen kann, welchen Wert hat da noch das Mehrheitsargument? Wenn es sich bei den „Corona-Protesten“ um eine „sektiererische Konversion“ handelt, wie Sie behaupten, dann können Sie diese nicht mit Brochs „Massenwahntheorie“ erklären (vgl. S. 150 – 153).

Sie reden von Aufbruch „aus der Angst in die Ekstase“, „aus der Ratlosigkeit in die Mission“ und führen aus: „Menschen als sinnsuchende Wesen sind leicht dazu zu bewegen, sich als Träger einer Mission zu verstehen …“ (vgl. 154 / 155). „Die Krise ist eine große Arbeitgeberin, und aus dem ideologischen Chaos entspringen wilde Karrieren, in die man nur im Modus der Selbsternennung hineingerät“ (S. 157). „In der Minderheit behält man Kontur“ (S. 158) usw. usw.. Mit all dem argumentieren Sie gleichsam psychologisch, mit der Geltungssucht des Menschen.*

* Ja, dies geschieht überall, auf beiden Seiten. Da hat einer etwas zu sagen, und möchte es nach draußen bringen. Gut beraten ist man da mit einem Warnschild: „Nimm Dich selbst nicht so wichtig!“ und mit dem Willen, dennoch das zu sagen, was man glaubt sagen zu müssen. Ein quasi-missionarischer Eifer ist auch Ihrem Werk anzumerken, er hat es vorangetrieben.

Können Sie, verehrter Herr Professor, sich nicht vorstellen, bei den Protestierenden (sei’s in der Wissenschaft oder beim einfachen Volk auf der Straße) Menschen zu begegnen, die ehrlichen Herzens und aus einer realen existentiellen Not heraus auf der Suche nach Wahrheit sind oder schlicht: nach einem Ausweg? „Krawallmacher ziehen durch sächsische Städte“, ich glaube nicht, dass mit dieser Schlagzeile der Medien die Situation und der Mensch in ihr hinreichend beschrieben ist. Ihre Polit-Philosophie unterstreicht leider solch verkürzte Sicht.

Profilierung in der Krise? Mit Achtundsechzig kann ich darauf verzichten. Während Sie im Flur Ihrer Wohnung die Masken sammeln, bin ich entsetzt, wenn ich beim   Heiligabendgottesdienst 2021 in der Kirche eine maskierte Gemeinde vorfinde, wo „O du fröhliche, gnadenbringende Weihnachtszeit“ maßnahmentreu nicht mehr gesungen wird. Und Sie, verehrter Herr Professor, machen sich keinen Begriff davon, welchen Angriffen und Zumutungen eine kinderreiche Familie seit April 2020 ausgesetzt ist, deren Eltern sich wehren gegen Maske, Test und Nadel, was das an Kraft kostet, wie man sich täglich entscheiden muss, welche Nöte und Schikanen damit verbunden sind. Wir wollen diese Gen-Impfung nicht, haben kein Vertrauen zu denen, die dazu drängen. Der Impfdruck hat für mich etwas Faschistoides.

Und dann begegnet man in Ihrem Buch der Gespräche (leider fehlen die Frager der anderen, der maßnahmenkritischen Seite) solchen Sätzen: „Die Corona-Leugner, die aufgrund von Medieneffekten mehr von sich reden machen als ihnen zukommt, behaupten hartnäckig, das Ganze sei eine von Oligarchen gelenkte Seifenoper, die globale Absatzmärkte für Impfstoffen generieren soll“ (S. 179).*

* „Seifenoper“ halte ich für einen Euphemismus, einen viel zu schwachen Begriff. Da waren Sie 2005 „Im Weltinnenraum des Kapitals“ schon einmal weiter.

Vielleicht haben diese Leute in den „Katgorien des Verdachts“ (S. 182) ja Recht, das können Sie als kritischer Philosoph nicht ausschließen. Auch Sie, verehrter Herr Professor, machen viel von sich reden, und meinen, es stehe Ihnen zu.

Was Ihnen möglicherweise nicht zusteht, ist Ihre saloppe Redeweise im Blick auf das „Irrationale“ von der hohen Warte philosophischer und psychologischer Rationalität herab. In Ihrer Sicht hat Jesus den Evangelisten nicht nur eine Textvorlage, sondern auch ein „Trainingsprogramm“ bereitgestellt, „Götter sind Trainer, mit denen einen Gruppe von Followern arbeitet, um ihr Leben rituell in Form zu bringen, und die Welt ist voll von solchen Trainingsgruppen“ (S. 146). Nun, das sind Sprachbilder aus dem Bereich des Sports, aus Ihrem eigenen Fitnessstudio gewissermaßen, Turnübungen im  geistigen Bereich. Gott wird darüber lächeln, Ihnen den Agnostizismus nicht als  Blasphemie anrechnen. Lat. agsnoscere meint ja nichts anderes als erkennen, und wenn da einer um Erkenntnis ringt, freut sich der  Trainer. Manch irdischem Trainer würde es eher missfallen, wenn da einer zur Erkenntnis käme …

Was ist die Stärke des christlichen Gottesbildes? Die „Spannung zwischen Intimität und Majestät Gottes“ (S. 147). Möge uns beides erhalten bleiben! Gott ist kein Trainer, Trainingsprogramme werden von Menschen entworfen, die meist keine guten Hirten sind. Kriege sind große Trainingsprogramme. Und Ideologien auch, da wird das Bewusstsein der Menschen massiv trainiert, in die gewünschte Form gebracht. Hinter dem, was 2020 / 21 mit uns geschehen ist, steckt – bei aller Glaubensstruktur – kein Religionsstifter. Follower gibt es immer, in großer Zahl. Und das Heer der Gutgläubigen fügt sich dem Programm des Trainers. 

                                                                 —

Vielleicht steht die Menschheit und mit ihr alle menschliche Philosophie nun wirklich in einer nie dagewesenen Belastungsprobe. Wenn Philosophie in diesem ent-scheidenden Augenblick ihr kritisches Wort nicht erhebt, ihre Weisheit sich der Obrigkeit befreundet, sie weltlichen Heilsversprechen ihr Vertrauen schenkt, hört sie auf, Philosophie (Weisheitsfreundschaft) zu sein, wie glänzend ihr Gewand der unvoreingenommenen Wahrheitssuche vordem auch gewesen sein mag. 

Wäre da nicht der Glaube, das Gottvertrauen, verehrter Herr Prof. Sloterdijk, ich müsste mich von allen guten Geistern verlassen und verraten fühlen, von Theologie und Kirche und auch – von der Philosophie.

Gert Zenker                                                              Sebnitz, am 27. / 28. Dez. 2021

Sterben in der Corona-Hysterie oder Wie wir dem Tode die Krone aufsetzen …

(1) Woher auch immer das Virus gekommen sein mag – Menschen sterben  an Covid-19 und Mutanten (dies steht bei den Großmedien grell im Vordergrund). Dass auch mehrfach Geimpfte daran sterben, kann als das achte Welträtsel* gelten. Hier bin ich Sokratiker und bemerke mit Emil Heinrich Du Bois-Reymond: ignoramus, wir wissen den Grund im Augenblick noch nicht. Sed ignorabimus, aber wir werden es eines Tages wissen, wenn uns die Augen aufgehen. Und es gibt Menschen der Oberen Etage, von denen man sagen muss: non ignorant – sie wissen es ganz genau.

Lässt man die Abtreibungen außer Acht (global 50 % der Todesursachen / Zellmaterial von Föten wird gebraucht für Impfstoffe …) und betrachtet nur die andere Hälfte der Todesfälle, so sterben in Deutschland 35 % an Herz- und Kreislauferkrankungen, 25 % an Krebs, 7 % an Erkrankungen des Atmungssystems, in dem verbliebenen Drittel (rund 33 %) stehen die als Corona-Tote gemeldeten mit 2,8 %. – Quelle: Wissenswertes zur Corona-Impfung, Berlin: Mandelzweig e. V., 2021, S. 31.

(2) Andere sterben an den Folgen der Gen-Impfung (das wird medial vertuscht, über Zahlen wollen wir nicht streiten).

(3) Wieder andere, in den ärmeren Ländern, sterben an den globalen wirtschaftlichen Folgen der Corona-Panik (Zahlen sind nicht bekannt, global könnten es Millionen sein). 

(4) Menschen sterben auch an den Folgen von Nichtbehandlung, weil sie den Arzt, das Krankenhaus meiden oder dringende Operationen verschoben werden (auch darüber wird in der medialen Öffentlichkeit kaum gesprochen).

(5) Last but not least sterben Menschen vor der Geburt, wenn Mütter in dieser unsicheren, zerstrittenen Zeit (der Corona-Streit geht ja bis in die Familien hinein) ihr Kind nicht austragen wollen. Die psychischen Folgen der Corona-Hysterie (Erhöhung der Selbstmordrate, psychische Belastung von Kindern durch die Maske, Impfdruck im Tatbestand der Nötigung von Seiten der Arbeitgeber, z. B. im Sektor Erziehung und Diakonie), die oft genug in den sozialen Tod münden, lassen wir hier unberücksichtigt.

* Der deutsche Physiologe Emil Heinrich Du Bois-Reymond (1818 – 1896) nannte in einem Vortrag von 1800 sieben Welträtsel, d. h. sieben Denkschwierigkeiten, von denen er die ersten drei als transzendent, mithin als unlösbar bezeichnete: 1. Das Wesen der Materie und Kraft. 2. Der Ursprung der Bewegung, 3. Die Entstehung der Empfindung, 4. Die Entstehung des Lebens, 5. Die zweckmäßige Einrichtung der Natur, 6. Das menschliche Denken und Sprechen, 7. Die Willensfreiheit.

29. Dez. 2021

                                   Zitat

                                   Reinhold Schneider

                                   (1903 – 1958)

                                   Allein den Betern kann es noch gelingen,
                                   Das Schwert ob unsren Häuptern aufzuhalten
                                   Und diese Welt den richtenden Gewalten
                                   Durch ein geheiligt Leben abzuringen.

                                       
                                   Denn Täter werden nie den Himmel zwingen:
                                   Was sie vereinen, wird sich wieder spalten,
                                   Was sie erneuern, über Nacht veralten,
                                   Und was sie stiften, Not und Elend bringen.
                                      

                                   Jetzt ist die Zeit, da sich das Heil verbirgt,
                                   Und Menschenhochmut auf dem Markte feiert,
                                   Indes im Dom die Beter sich verhüllen,
                                      

                                   Bis Gott aus unsern Opfern Segen wirkt
                                   Und in den Tiefen, die kein Aug‘ entschleiert,
                                   Die trockenen Brunnen sich mit Leben füllen.
                                  

                                         Allein den Betern kann es noch gelingen. Sammlung christlicher Lyrik,                          

                                         hg. v. Richard Bochinger. Geleitwort: Bernt von Heiseler,

                                         Gütersloh 1956, S.192 / 192.

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