WendeBlätter 2020, Ausgabe 34

Zitat: Sahra Wagenknecht über Lobbyismus, gekaufte Politik und Meinungs-mache (13. Jan. 2022)

Horst Seehofer (2010): „Die, die zu entscheiden haben, sind nicht gewählt. Und diejenigen, die gewählt werden, haben nichts zu entscheiden.“*

* ARD: Horst Seehofer. „Pelzig unterhält sich“ v. 20. 05. 2010.

 
Sahra Wagenknecht (2022): „Das ist die Beschreibung von Horst Seehofer für unsere Demokratie? Natürlich kann man es sich so einfach auch nicht machen. Selbst-verständlich können Politiker entscheiden. Sie müssen nicht einknicken, sie müssen sich auch nicht kaufen lassen, sie müssen auch dem Lobbydruck nicht immer wieder nachgeben.“

War die Pharmalobby gegen die Politik wirklich so stark, dass Seehofer die sog. „Positivliste“, die Preiskontrolle für Medikamente, nicht durchsetzen konnte, sie quasi zurückziehen musste? Seehofers Antwort (2006): „Ja, das ist so seit 30 Jahren, bis zur Stunde, dass sinnvolle strukturelle Veränderungen auch im Sinne von mehr sozialer Marktwirtschaft im deutschen Gesundheitswesen nicht möglich sind wegen des Widerstandes der Lobbyverbände.“*

* Horst Seehofer, CSU, ehem. Bundesgesundheitsminister in ZDF Frontal21 v. 06. 06. 2006.

Sahra Wagenknecht (2022): „Aber natürlich muss man sich damit nicht abfinden. Und es ist schon so: der Druck des großen Geldes ist das Eine. Wenn sich Menschen wehren, wenn sie dem etwas entgegensetzen, wenn sie einfach nicht mehr blind glauben, was ihnen da erzählt wird, dann können sie Gegenmacht aufbauen.“*

* Vgl. zu allem Sahra Wagenknecht: Lobbyismus, gekaufte Politik, Meinungsmache – leben wir in einer liberalen Demokratie? Video v. 13. Jan. 2022.

NB: Mit bezahlter, lobbygestützter Virus-Forschung kommen wir nicht weiter. Demokratie, auch Wissenschaft – dies lernen wir neu aus dem o. g. Video – lebt vom Diskurs, der disputatio, dem Austausch verschiedener Sichtweisen … Und eben dieser Diskurs findet in unserer Gesellschaft nicht statt; die Großmedien sind in den Händen weniger, und diese unterstützen die offizielle Politik der Phobie. Aus welchen Quellen das Gesundheitsministerium Spenden erhält, wäre konkret zu prüfen. Hier schließt sich der Kreis. Wenn Pharmalobbyisten überall in den höchsten Gremien sitzen – eben auch im Gesundheitsministerium und leider auch in Kirche (Franziskus) –, müssen wir uns über Impfdruck nicht wundern.

16. / 17. Jan. 2022

Karneval der Testzentren

Corona-Testzentrum. Hörgeräte-Testzentrum (Gehör noch in Ordnung?). Seh-Testzentrum (Was ist mit den Augen?). Masken-Testzentrum (Prüfung auf Durchlässigkeit). Gehirn-Testzentrum (Schon gewaschen heute?). Seelen-Testzentrum …

Allgemeines Testzentrum für Sinnesorgane: Prüfung auf Herz und Nieren,  ob wir noch alle Sinne beisammen haben, noch ganz bei Trost sind. Oder nur noch in der Angst.

Die Absichtslosen. Eine faustdicke Lüge und zwei leere Versprechungen

Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“ (Walter Ulbricht am 15. Juni 1961 bei einer Pressekonferenz). – „In dieser Pandemie wird es keine Impfpflicht geben“ (Jens Spahn am 13. Jan. 2021 im Deutschlandfunk).

Impfgegner wird man nicht in Haft nehmen, heißt es (vermutlich auch ein leeres Versprechen). Aber man bringt das Thema schon immer mal ins Spiel, damit das Allgemeinbewusstsein vorbereitet ist, sich keiner wundert, wenn man anfangen sollte, noch massiver einzusperren. –Tilgt man in all diesen Sätzen das niemand, nicht und kein, wird klar, wie sie’s meinen, worauf es hinausläuft … 

Weltanschaung in drei Varianten

Wenn man gewisse Leute in Politik und Journalie reden hört, fragt man sich Dreierlei: Glauben sie das wirklich, allen Ernstes, was sie da verkünden? Oder reden sie nur als Angepasste, aus opportunistischen Motiven heraus in dieser Weise, etwa um die Stellung oder das Amt nicht zu verlieren? Dies wäre ja verständlich, da schlägt immerhin – tief verborgen – noch das Gewissen.

Oder (dies die dritte Möglichkeit) lügen sie dreist und unverschämt, mit voller Absicht, ohne rot zu werden? – Das mag ein grobes Raster sein; alle drei Varianten sind real, begegnen in der sozialen Wirklichkeit.

14. / 17. Jan. 2022

Spaltung der Gesellschaft

Ja, es soll vorkommen, dass Nichtgeimpfte zu Weihnachten und zu Geburtstagen von Freunden oder Verwandten ausgeladen werden, mit fadenscheinigen Begründungen. Und auch dies geschieht: ein Künstler, fast ein Freund, kündigt weiteres Zusammen-wirken auf, weil er mit Montagsdemonstranten fortan keinen Kontakt mehr haben will. „Weltanschauungen“ pro und contra interessieren ihn nicht. Dabei ist er selbst einer Weltanschauung, d. h. der Impfideologie aufgesessen: „Ich hab’ mich impfen lassen, ich will reisen.“

Auf der anderen Seite weigert sich eine kinderreiche Mutter, ihre Kinder der Maske, dem Test und der Nadel zu unterwerfen, widersetzt sich auch den Vorgaben der Schule. Man entzieht ihr das Sorgerecht, spricht die Kinder dem Vater zu.

„Impfgegner spalten Familien und Freundschaften?“ Weil sie auf Impfdruck nicht mit Nachgiebigkeit reagieren? – Seid ehrlich. Wer spaltet hier die Gesellschaft?

Erfolglose Gesellschaft. Von der Pflege – des Dialogs 

* Dialogos meint im Griechischen: Unterredung, Gespräch, etwas miteinander überdenken, erwägen, besprechen. Eine Kultur, die uns offenbar verloren gegangen ist.

„Gesellschaft kann nur erfolgreich sein, wenn sie zusammensteht und den Dialog pflegt. Wir möchten, dass aus Sebnitz wieder die vernünftigen, empathischen und solidarischen wie sachlichen Stimmen zu hören sind.“ Große Worte. Zu den Vernünftigen, Mitfühlenden, Verantwortungsvollen etc. rechnen die Unterzeichner des offenen Briefes* den größten Teil der Einwohner und natürlich – sich selbst.

Alle anderen werden mithin als unvernünftig, gefühllos, unsolidarisch, unsachlich und verantwortungslos abgestempelt. Für den Dialog mit Andersdenkenden eine denkbar schlechte Voraussetzung …

* Neues Grenzblatt, Jg. 33 v. 14. Jan. 2022, S. 10; vgl. das Dialogangebot auf S. 16 (ein empathischer, kluger Text). NB: Der für den 18. Jan. 2022, 19.00 Uhr angebotene Dialog auf dem Marktplatz in Sebnitz wurde ausgeschlagen. Die Unterzeichner des o. g. offenen Briefes hatten offenbar Bedenken, sie seien gegenüber der „Minderheit“ der Montagsdemonstranten – in der Minderheit … 

14. / 19. Jan. 2022

Wie man im Oktober 1989 argumentierte und wie es ausging

Da ziehen „einige wenige besoffene Randalierer und Rowdies“ durch die Straßen, hieß es im Okt. 1989 in der offiziellen Berichterstattung der DDR.* Wenige mussten es sein (ganz wichtig!), dazu noch Randalierer und Rowdies, asoziale Elemente also, in heutiger Sprache: „rechts“, gewaltbereit, Wutbürger, Widervernünftige, Verant-wortungslose etc.

Und dann waren es auf dem Ring in Leipzig unleugbar doch ein paar mehr Menschen. Früher oder später haben Diktaturen das Volk gegen sich, auch wenn man es zuvor,  über lange Zeit und mit allen zur Verfügung stehenden propagandistischen Mitteln, zur Mitläufermasse degradiert hat.

* Dass man Randalierer auch einschleußen, das heißt: Provokationen provozieren kann, ist ein bewährter Trick der Macht, immer wieder angewandt.

15. Jan. 2022

Kinderei

Jedem Kinde sagt man, wenn es sich streitet mit den Geschwistern: Such die Schuld nicht nur bei den anderen. Zieh Dich an der eigenen Nase. Geh hin und versöhne Dich mit Deinem Bruder.

In der politischen Öffentlichkeit blühen die Schuldzuweisungen, werden Feindbilder aufgebaut, ist Rechthaberei an der Tagesordnung, prügelt man sich mit Schlagworten, statt miteinander über Inhalte zu reden. Es ist lächerlich. Wollte sich ein Vater so rechthaberisch aufführen wie der Vater Staat und eine Mutter so bös launisch wie die res publica und deren Politik, wäre der Hausfrieden in Gefahr, hinge der Haussegen schief, so wie er ja tatsächlich schief hängt in unserer ganzen Gesellschaft.

Da müssen die Eltern es sich eben gefallen lassen, von den eigenen Kindern zurecht-gewiesen zu werden. – Das Bild hinkt. Wir sind doch erwachsen, also behandelt uns nicht wie schwer erziehbare Kinder …

15. Jan. 2022

Clownerie

„Sachsen schickt Clowns ins Impfzentrum“ titelt eine Zeitung. Es ist ja auch zum Lachen! Warum soll ich mich impfen lassen mit einer so zweifelhaften Substanz, die  offenbar nicht hilft, wo wieder und wieder geimpft werden muss (ad infinitum) und  dabei das eigene Immunsystem immer schwächer wird. Wo auch Geimpfte coronakrank werden, in Quarantäne müssen oder schlimmstenfalls, der hohen Anfälligkeit wegen, an Corona sterben. 

Abgesehen davon wissen nur wenige, was da drin ist in diesem völlig unzureichend getesten Etwas, diesen Gen-Invasoren, die man uns als „Impfstoffe“ präsentiert und mit denen die Propaganda Gesundheit, ja mittlerweile fast schon das Heil der Seele verbindet. Alle Welt muss sich testen, die sog. Impfstoffe haben offenbar ein Generalattest, in Sachen Gesundheit fast schon Unfehlbarkeitsanspruch. 

Ja, was ist drin? Zellmaterial von abgetriebenen Kindern auf jeden Fall, das ist bekannt. Dazu Metallteilchen, Nanopartikel. In Verbindung mit 5 G (der fünften Generation des Mobilfunks) ist man da wunderbar zu orten, bis in die Wohnung hinein.* Was sonst noch enthalten sein könnte, wer will das wissen? Ein Psychopharmakon einzubringen, wäre technisch kein Problem …

* Und das ist noch das Geringste. Über die gesundheitlichen Folgen der 5G-Technologie (Öffnung der Blut-Hirn-Schranke, erhöhtes Krebsrisiko, Zellstress, Genschäden, Schäden in der Schwanger-schaft etc.) informiere man sich bei diagnose funk.

Ich vertraue in all dem weder der Pharmaindustrie noch den bestallten Virologen noch dem Robert-Koch-Institut noch dem Bundesamt für Strahlenschutz. Und schon gar nicht der Politik. Wahrheit muss man heute, sofern man nicht dem Relativismus völlig erlegen ist und die klare Unterscheidung von Wahrheit und Lüge ganz aufgegeben hat, anderswo suchen. Vielleicht bei den Clowns, am ehesten bei denen, die dem globalen Impfzirkus kritisch gegenüberstehen.

14. / 15. Jan. 2022

Narrenschiff Erde. Da schwappt das Wasser schon zur Tür herein. Und das Orchester spielt noch immer.

„Auch Du, mein Brutus …“ – Sprachwissenschaft 2021

Professorin Constanze Spieß, Sprachwissenschaftlerin an der Philipps-Unviersität Marburg, gab kürzlich bekannt, was für die Sprach-Jury in Marburg als  Unwort  des Jahres gilt: Pushback, ein Wort, das die Zurückweisung von Flüchtlingen an den Grenzen bezeichnet. Auf Platz 2 rangiert das Wort Sprachpolizei. An dritter Stelle stehen Vergleiche mit dem Dritten Reich von Seiten der Maßnahmen- und Impfkritik: z. B. der Begriff Ermächtigungsgesetz oder der gelbe Stern mit dem Aufdruck ungeimpft.*

* Quelle: www.uni-marburg.de (Text v. 12. Jan. 2022).

Eine Jury, vom lateinischen Wort ius, iuris, n. abgeleitet, meint eine Rechtseinrichtung, einen Rechtsspruch, auch ein Vorrecht. Wenn die hehre Sprachwissenschaft (!) sich dazu aufschwingt, in solch einseitig Partei ergreifender Weise über Unworte zu urteilen, nimmt sie da sprachpflegerische oder sprachpolizeiliche Aufgaben wahr?  Alle drei Unworte verweisen ja durchaus auf echte Probleme. Anders gesagt: ich hätte mir ein weniger ideologiebelastetes Urteil gewünscht.

In die Reihe der Unworte des Jahres 2021 hätte wenigsten eines der zahlreichen propagandistischen Schlagworte gehört, mit denen man die Teilnehmer von Demonstrationen und impfkritische Menschen täglich beleidigt.

12. / 16. Jan. 2022

Euthanasie und Beerdigung. Eine Terminüberschneidung

Angehörige gehen zum Pfarrer und wollen eine Beerdigung anmelden. Der Pfarrer fragt: Wann ist Ihr Vater denn verstorben? Die Antwort: Opa bekommt morgen seine
Spritze, da wollten wir jetzt schon mal anfangen, alles zu ordnen, alle Formalitäten zu erledigen.

Das ist leider keine erfundene Geschichte. Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begeben-heiten sind nicht zufällig. – Wo sind wir hingeraten …

14. / 15. Jan. 2022 

Pf. Dr. Friedrich Christoph Ilgner / Dresden: Gedankensplitter zu Kirche und Corona (Weihnachten 2021)

                              „… hie fodert die Not, von dem Ubel zu reden, klagen, furbringen, 

                              fragen und zeugen.“ (Martin Luther, BSLK,  629, 44-46)

1. Unser Herr und Heiland spricht: „In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden“ (Joh 16,33). Die vom lebendigen Christus aus der Welt Herausgerufenen* haben, indem sie gegen ihre eigene Angst anglauben, die Aufgabe, sich stückweise zur Angstfreiheit durchzuringen und der aufs erbärmlichste ver-ängstigten Menschheit in Wort und Tat den Trost Christi zu bezeugen und zu verkündigen.          *Dies ist im Griechischen die Bedeutung von Kirche, Ecclesia (Anm. der Red.).

2. Sie widerstehen denjenigen Mächten ins Angesicht, die sich darin gefallen, aus unklaren Gründen tagtäglich Angst zu schüren.

3. Indem sie tun, was ihnen anbefohlen ist, decken sie die Mittel auf, die die Angst nähren. Sie treten allen Angstmachern in geistlicher Vollmacht entgegen. Sie haben gar nicht die Möglichkeit, es nicht zu tun, denn sie vertrauen der geistlichen Waffenrüstung (Eph 6), die ihnen gegeben ist. Sie stehen einander bei, wenn sie selbst wieder durch die angstliebenden Mächte der Welt stumm gemacht werden sollen. 

4. Zu den Mächten der Welt, die in diesen Tagen unübersehbar geworden sind, gehört der Gesundheitskult. Er passt sich ein in seit Jahren beständig wachsende Öko-, Bio-, Wellness-, Umwelt- und Klimaschutzbewegungen, die im Kern ehrenwerte Anliegen vertreten, aber in gesinnungsethischer Überhöhung eine Weltrettungsattitüde an den Tag legen, der zu widersprechen ist. Sie münden zunehmend in eine übergriffige Politik, die nicht davor zurückschreckt, die ihr anvertrauten Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen, um ihre Ziele zu verwirklichen. 

5. Die so erscheinende Gesundheitspolitik unserer Tage ist in zweifacher Weise anmaßend. Sie erhebt sich über die medizinische und, weit schlimmer, über die theologische Wissenschaft. 

6. Gegen die Medizin vergeht sie sich, indem sie ungebührlich in ein fremdes Feld eingreift. Sie ist hier gar nicht zuständig und verfügt nicht über ausreichendes Fachwissen. Das wird daran sichtbar, dass Ergebnisse der medizinischen Forschung ausschnittsweise rezipiert und medizinische Experten nur selektiv ernst genommen werden. 

7. Mit kommunikationspsychologischem Geschick wird ein schmaler Meinungs-korridor kreiert, der abweichende oder gar ablehnende Meinungen dementiert, sanktioniert und notfalls kriminalisiert. Damit wird die Medizin als Wissenschaft missachtet. Denn selbstverständlich müssen hier, wie in jeder Wissenschaft, verschiedene Lehrmeinungen gegeneinander stehen dürfen. Jeder Forschungs- und Erkenntnisprozess ist im Fluss begriffen; jedes Forschungsergebnis kann nur vorläufig sein. 

8. Die Anzahl der einer Lehrmeinung anhängenden Wissenschaftler entscheidet selbstverständlich nicht über die Wahrheit ihrer Ergebnisse und deren Interpretation. Die Verzerrung des wissenschaftlichen Diskurses resultiert überdies aus Interessen-konflikten zahlreicher Wissenschaftler bzw. der Abhängigkeit von staatlichen und wirtschaftlichen Finanzmitteln.  Hierher gehören raffinierte statistische Manöver, aufgebauschter Zahlen-Alarmismus und Angstprophetien für die unmittelbare Zukunft. Heute ist es die gefürchtete „Omikron-Variante“, die die Welt in apokalyptische Zustände führen wird, morgen etwas anderes. 

9. So genannte „Faktenchecks“ tragen in aller Regel popularisierende, wenn nicht populistische Züge. Auch werden sie von Journalisten fabriziert, die von der Sache nur wenig (wenn überhaupt) beleckt sind. Diese „Faktenchecks“ haben vorzüglich Anteil daran, die Angst auf einem hohen Niveau zu halten. Sie sind, entgegen dem Eindruck, den sie zu erwecken suchen, wissenschaftlich nicht gediegen. 

10. Gegen die Medizin vergeht sich die Gesundheitspolitik weiterhin, indem sie ihr ein Heilsversprechen abzuringen sucht, das sie nicht zu geben vermag. Gegenstand der Medizin ist nicht die Gabe des Heils, sondern die (freilich sehr bewundernswürdige) Gabe der Gesundung (sic!, nicht Gesundheit).

11. Gegen die Theologie vergeht sich die Gesundheitspolitik, indem sie Heil und Gesundheit verwechselt. Ihr Gesundheitsbegriff steht sogar in der Gefahr, die schwärmerischen Züge einer umfassenden Heiligung anzunehmen. Dieses Denken gerät ins Fahrwasser einer religiösen Überhöhung. 

12. Die Heilsbotschaft kann nur Gegenstand der kirchlichen Verkündigung sein, weil sie nicht im irdisch-menschlichen, sondern im ewig-göttlichen Heilsversprechen gründet. Das Heil, das der dreieinige Gott schenkt, ist der Glaube an das Evangelium als Heilsbotschaft und Heilsmittel (darum sind die Sakramenta als sichtbare Worte „media salutis“). Genau darum heißt es auch das „heilige“ Evangelium, weil es dem, der sein Vertrauen darein setzt, das Heil zueignet. Glaubst du’s nicht, dann hast du’s nicht. Ein Kirchenwesen, das hier fehlt, verliert sich selbst. 

13. Auch die erfolgversprechendsten Therapien sind kein Ersatz. Gesundung mit Blick auf Christus, den Arzt, ist viel, aber allenfalls irdisches Zeichen des himmlischen Heils. Jede Reduktion des Heils auf die irdische Gesundung ist verwerflich. 

14. Eine sich überhebende Gesundheitspolitik ist mit geistlicher Vollmacht in die Schranken zu weisen, da sie in der Gefahr steht, die Ehre Gottes anzutasten, der allein der Welt sein Heil geschenkt hat, schenkt und schenken wird. 

15. Umgekehrt ist nicht ganz von der Hand zu weisen, dass sich in unheilvollen Entwicklungen, Epidemien eingeschlossen, auch Gottes richtendes Handeln ereignet, der einer von ihm abgekehrten und selbstsüchtigen Menschheit – weite Teile der Kirche eingeschlossen – zur Umkehr, zur Lauterkeit des Herzens und zu einer verloren gegangenen Gottesfurcht zurückruft. Davon ist niemand ausgeschlossen. 

16. Das alles spricht ausdrücklich nicht gegen eine verantwortliche Gesundheitspolitik, die den Menschen dient, die gefährdet sind, diejenigen aber, die gesund sind, kein oder nur ein geringes Risiko haben und sich aus gutem Grunde nicht impfen lassen, unbehelligt und in Frieden leben lässt.

17. Die Begierde, so wie Gott sein zu wollen (concupiscentia), ist die Wurzelsünde am Grunde aller Sünden. Der Zug zu menschengemachten Heilsmitteln bedeutet die Ver-götzung menschlicher Möglichkeiten. Solche Selbstüberhebung kraft eigener Werke ist Ausdruck der Abkehr von Gott. „Ein Gott haben, heißet etwas haben, darauf das Herz gänzlich trauet“. (BSLK 562,3) 

18. Der lebendige Gott aber ist der Quellbrunn aller irdischen und ewigen Güter. Im rechten Empfang der göttlichen Gaben vermag der Mensch nach Gottes „Befehl und Ordnung“ (BSLK 566,15) Gutes zu tun. 

19. Die Kirche hat die Aufgabe, daran zu erinnern, dass es gottesfürchtiger Herzen bedarf, um Ehre und Lebensrechte des Nächsten vor Übergriffigkeiten und resultierenden chaotischen Zuständen zu bewahren (usus crassus prae-ceptorum).

20. Die Politik der letzten Jahre offenbart einen erschreckenden Verfall der Gottesfurcht, indem sie zu Mitteln greift, die empfindlich in Rechte des Lebens eingreifen. Darin wird ihre Hybris sichtbar. Obwohl nicht deutlich ist, welches geo-, finanz- oder wirtschaftspolitische Machtkalkül letztlich die Ursache sein mag, tritt der entfesselte Hochmut deutlich zu Tage. 

21. Das zeigt sich vor allem daran, dass die Ehre des Nächsten, wer immer er sei, seitens der Machthaber nicht mehr den nötigen Schutz genießt. Symptom dafür ist ein konturloser Verdächtigungskult, der schon lange wabert und nun auch Eingang gefunden hat in gesundheitspolitische Verlautbarungen. Es ist bezeichnend, dass ein nichtinfizierter, gesunder Mensch als „Ungeimpfter“ wahrgenommen wird, der ein potentielles Gesundheitsrisiko für „Geimpfte“ darstellt. Seine Gesundheit ist gleichsam zum Makel geworden und wird mit Sanktionen geahndet.  

22. Die Ehre des Nächsten zu schützen, bedeutet nach der Lehre der Lutherischen Kirche (Auslegung des 8. Gebots) zweierlei: Erstens offenkundige Lügen aufdecken und zurückweisen; zweitens offensiv für die Wahrheit eintreten. „Das Kerngebot der Nächstenliebe konkretisiert sich im Ringen um die äußere Ehre und um die innere Besserung des Nächsten.“ (A. Peters, Kommentar, Bd. 1, S. 292)

23. Der Heilige Geist, den Gott der Kirche verliehen hat, weckt dem Hörer des Wortes das Gewissen, lässt ihn sehen, erkennen und mit Zittern und Zagen reden gegen die Mittel, die die Welt ergreift. Das Amt der apostolischen Kirche ist besonders hellhörig. Der Hörer des Wortes entdeckt, dass das destruktive Arsenal der Welt vielfältig und ihre Sprache verräterisch ist. 

24. Wortmanipulationen sind immer ein Hinweis auf bevormundende oder gar autoritäre Machtausübung. Das gilt insbesondere für Wortverbote. Sie haben den Nachteil, auch für schlichtere Gemüter leicht erkennbar zu sein. Wer sie durchschaut, weiß sogleich, von welcher Couleur die Kräfte sind, mit denen er es zu tun hat. 

25. Das gleiche trifft auf die Umdeutung von Wörtern und die Schaffung von Neologismen zu. Nur sind sie etwas komplizierter zu erkennen. 

26. Hierzu einige Beispiele aus der aktuellen Diskussion. So ist vor einiger Zeit, weitgehend unbemerkt, eine Umdeutung des Begriffes „Impfung“ vollzogen worden (vgl. https://multipolar-magazin.de/artikel/faktencheck-impfungen-oder-gentherapie).

Der Begriff findet nunmehr auch für die Injektion, genetischer Substanzen Ver-wendung, selbst wenn diese nur eine Notzulassung besitzen. In einer eigens vorgenommenen Begriffserweiterung heißt nun „Impfung“, was korrekt als „Transfektion“ bezeichnet werden müsste, denn es handelt sich um das Einbringen von Fremd-DNA oder RNA in menschliche Zellen. Mit der Ausdehnung des Impfbegriffs auf die Transfektion wurde unter der Hand ein Rahmen geschaffen, innerhalb dessen der Boden bereitet war für die Verabreichung schnell entwickelter, nicht abschließend erforschter und nicht umfänglich erprobter genetischer Substanzen. 

27. Der Begriff der „Gentherapie“  ist dem der Transfektion verwandt; allerdings nicht so treffend, da eine Therapie voraussetzt, dass ein Heilungsprozess mit der Zuführung des genetischen Stoffes bewirkt werden soll. Personen, die eine „Corona-Impfung“ erhalten, sind jedoch in aller Regel gar nicht vom Virus befallen und folglich auch nicht therapiebedürftig. 

28. Es ist u. a. Ergebnis kürzlich vorgenommener Wortmanipulationen, dass dieselben Menschen, die große Vorbehalte gegen den Einsatz von Gentechnik hegen (z. B. in Nahrungsmitteln, in der Landwirtschaft usw.), sich bedenkenlos als „Impfstoff“ dekla-

rierte Fremd-RNA oder -DNA injizieren lassen. 

29. Auch der Begriff „Inzidenz“ wird unklar verwendet. Epidemiologisch relevant wäre seine Verwendung als Maß für die Kranken. Das RKI definiert entsprechend: „Neu Erkrankte in einer definierten Population in einer bestimmten Zeitperiode / Personen in dieser Population, die zu Beginn der Periode nicht erkrankt waren“ (https://www.rki.de/DE/Content/Service/Publikationen/Fachwoerterbuch_Infektionsschutz.pdf?_blob=publicationFile, S. 77; allerdings erfolgt hier schon die Be-deutungsausdehnung auf die „Neuinfektionsrate“). Aktuell wird mit ihm aber die Zahl positiv Getesteter pro Zeit pro Personenzahl angegeben, wobei eine steigende Anzahl von Testungen die Trefferquote immer erhöhen muss. 

30. Eigentlich sollte klar sein, dass die Summation Nichterkrankter im Kampf gegen eine Infektionskrankheit irrelevant ist. Es ist fragwürdig, dass hier ein unzuverlässiger, manipulationsanfälliger Indikator Verwendung findet. 

31. Eine dritte und sehr verhängnisvolle verbale Strategie ist die absichtsvolle Schaffung ganz neuer Wörter. Solche Neologismen verweisen auf die Existenz eines Motives, um des willen sie ersonnen wurden. Es gibt eine ganze Anzahl von Neologismen, die mit dem gegenwärtigen politischen Spitzenthema, der Corona-Problematik, zu tun haben. Es lohnte sich, ein kleines Handbuch solcher Vokabeln anzulegen und ihren weltanschaulichen Hintergrund aufzuklären. Das führt hier zu weit. 

32. Unter diesen Wörtern stechen aber solche hervor, die zunehmend zu Kampfbegriffen werden. Im Interesse der Erkenntnis ist es unabdingbar notwendig, sich die Natur solcher Worte zu verdeutlichen, um die Absicht, die sie haben, mit der nötigen Klarheit zu erkennen.

33. Eine Reihe dieser Worte bezeichnet Menschen. Das macht sie besonders brisant. Denn es ist ein Unterschied, ob man sich gegen eine Idee, einen Sachverhalt, eine Entwicklung wendet – oder gegen Menschen. 

34. So gibt es die Neologismen des „Ungeimpften“, des „Impfverweigerers“, des „Impfgegners“ und des „Covidioten“. Die Reihenfolge stellt eine Radikalisierung dar. 

35. Der „Ungeimpfte“ klingt objektiv-neutral. Aber die ins Gegenteil verkehrende Vorsilbe „Un-“ ist verräterisch. Außerdem ist die Bezeichnung „Ungeimpfter“ als Sammelbezeichnung formal falsch, denn mit ganz wenig Ausnahmen sind die „Ungeimpften“ durchaus geimpft, nämlich gegen Tetanus, Masern, Pocken, Röteln usw. 

36. Diejenigen, die heute „Ungeimpfte“ heißen, machen lediglich von ihrer Freiheit Gebrauch, sich nicht gegen Sars-CoV-2 impfen zu lassen. Dafür haben sie ganz offensichtlich Gründe. 

37. Sie sind darum nicht als „Ungeimpfte“, sondern, wenn man schon eine Sammel- bezeichnung verwenden möchte, in Bezug auf die Sars-CoV-2-Impfung zutreffender als „Impffreie“ zu bezeichnen. 

38. Leichter zu durchschauen und im Grunde selbsterklärend sind die neuerfundenen Begriffe des „Impfverweigerers“ als vorwurfsvoll-wertend, des „Impfgegners“ als un-solidarisch-aggressiv und schließlich des Covidioten“ als beleidigend-herabsetzend.  

39. Völlig unangemessen erscheint der infantilisierende Begriff des „Piks“, etwa nach dem Motto „Eine Wurst für einen Piks“ (Bild) oder „Kein Piks – keine Piepen mehr“ (WorldNews). Hier tritt freilich ein erschreckendes Niveau zu Tage, mit dem sich gewisse Medien zu Erfüllungsgehilfen machen. 

40. Die Bedeutungsverschiebung bzw. Neuschöpfung von Wörtern, einschließlich des scheinbar neutralen „Ungeimpften“, sind sämtlich tendenziell. Sie eignen sich hervorragend für propagandistische Zwecke. Ihre populistische Verwendung verbietet sich in einem ethisch hochstehenden Diskurs. (Ex 20,16)

41. Kurios sind auch verwirrte Gedankengänge, hier ein Beispiel.: Einerseits müssen nicht „Geimpfte“ sich unbedingt „impfen“ lassen, weil die „Impfung“ sie und andere schütze. Andererseits müssen sich die doppelt „Geimpften“ unbedingt boostern lassen, um sich und andere zu schützen, weil die doppelte „Impfung“ gerade nicht schütze. 

42. Der erste Fall: Die „Impfung“ schützt. Wer meint, dass die Impfung schützt, sollte sich getrost impfen lassen. Dann ist er seines Erachtens geschützt vor einer Infektion oder wenigstens vor schwerem Verlauf. Er hat seine Verantwortung wahrgenommen. 

43. Der zweite Fall: Die „Impfung“ schützt nicht, weswegen geboostert werden muss. Wenn die „Impfung“ gar nicht schützt, darf auch nicht gefordert werden, dass der Nächste „geimpft“ werden müsse, um sich danach ebenfalls boostern zu müssen, weil die Impfung ja dann eben nicht schützt usw. Etwas zu fordern, was gar nicht hilft, ist widersinnig. Weder aus der ersten noch aus der zweiten Überzeugung kann eine „Impfpflicht“ abgeleitet werden.

44. Mancher mag meinen, der „Ungeimpfte“ wisse gar nicht, wie gut die Impfung für ihn sei. Im Namen der Nächstenliebe müsse er zu seinem Heil verpflichtet werden. Hier handelt es sich um eine „Zwangszuwendung“ von „Nächstenliebe“. Aber Zwang und Liebe schließen einander aus. Manch aufrechter Christenmensch meint, die Impfpflicht“ sei ein Werk der Nächstenliebe. Er mag bedenken: Hier wird eine tagespolitische Forderung zum Imperativ moralisierender Christlichkeit erhoben. Theologisch ist damit das heikle Feld der „Werkgerechtigkeit“ betreten. Denn es ist nichts anderes gesagt, als dass Gott das Werk der „Impfung“ für den Nächsten fordere. Dass der römische Papst so denkt, mag vielleicht dahin gehen. Die Lutherische Kirche wird das anders sehen. 

45. Das Argument der „Impfpflicht“ zum Wohle der anderen ist überhaupt interessant. Nicht mehr die Einzelperson, sondern die Mitmenschen stehen im Fokus der geforderten Handlung. (Ähnlich schon die Argumentation: „Du trägst die Maske nicht für dich, sondern für den Mitmenschen.“) Die „Impfung“ wird auf diese Weise eine gemeinnützige Tat. Zugrunde liegt die Formel „Gemeinwohl vor Eigenwohl“. Das Recht des Einzelnen (z. B. auf Menschenwürde, körperliche Unversehrtheit, Freiheit der Entscheidung usw.) wiegt weniger als das postulierte Recht der Gesellschaft. Ent-sprechend wird aus dem „Ungeimpften“ verschärfend der Impfverweigerer“, der in fahrlässiger Weise unsolidarisch“ handelt. Wir nennen dieses Argument das sozialistische. 

46. Das Problem des sozialistischen Argumentes ist (schon immer gewesen, denn es ist nicht neu), dass die Inhaber der Macht definieren, was als gemeinnützig zu gelten habe. Heute ist es das Brechen der soundsovielten Welle. Schon immer sind im Sozialismus die Freiheitsrechte derjenigen Gruppe, die dem definierten Gemeinnutz nicht entsprachen, beschnitten oder gebrochen worden. Dieses Argument ist gefährlich, weil es der politisch-ideologisch gefärbten Willkür Handlungsräume eröffnet. 

47. Es ist schlimm genug, durch Anwendung des sozialistischen Arguments jemandem zwangsweise Gut und Geld zu nehmen; es ist von ganz anderer Qualität: damit die Duldung eines Eingriffs am eigenen Leibe zu erzwingen. 

48. Es sei solidarisch, sich impfen zu lasssen – ist es umgekehrt solidarisch“, den Nächsten per Gesetz zu verpflichten, seinen Körper für die Injektion einer Substanz zur Verfügung zu stellen, die er gar nicht haben will? 

Ist es umgekehrt „solidarisch“, einen Gesunden zu einer nicht risikolosen, mit Nebenwirkungen behafteten gentherapeutischen Präventionsmaßnahme durch eine „Impfpflicht“ zu drängen? 

49. Es fragt sich außerdem, wie sich solche Phänomene mit der modischen Forderung einer „evidenzbasierten Politik“, eines „gewaltfreien Diskurses“ oder einer „Kommunikation auf Augenhöhe“ vereinbaren lassen.

50. Für eine theologische Würdigung gegenwärtiger Zustände ist festzuhalten, dass man Gott mehr gehorchen muss als den Menschen. Diese „Regel des Gottes-gehorsams“ (Apg 5,29) ist apostolisch und darum Leitstern aller christlichen Ethik. Das erste Gebot steht unverbrüchlich. (Ex 20,2)

51. Die Botschaft der Heiligen Schrift heißt uns, dem Kaiser zu geben, was des Kaisers ist (Mt 22,21 parr). Die staatlichen Verordnungen haben wir hinzunehmen und nehmen sie hin, so weit es irgend möglich ist, auch wenn sie widersinnig, unverständlich und chaotisch sind. Diese Verordnungen werden uns trotzdem nicht den Mund verbieten. 

52. Die Botschaft der Heiligen Schrift heißt uns weiterhin, eher Unrecht zu leiden als Unrecht zu tun. (Ps 34,19; Mk 8,34; Mt 26,52) 

Das bedeutet, die Heilige Schrift heißt uns, in der Nachfolge Jesu Christi Unrecht zu leiden für uns selbst. Wer das kann, ist ein großer Jünger Jesu im Leiden. Gott stärke jeden einzelnen darin. 

53. Die Heilige Schrift heißt uns aber auch, in der Nachfolge Jesu Christi mutig Partei für die Schwachen und Bedrängten zu ergreifen, die gesteinigt werden sollen, deren Ruf verlästert wird, die an den Rand gedrängt werden, die als aus-sätzig gelten, die herabgewürdigt und mit einem Schein des Rechts ange-prangert werden (vgl. dazu Christus und die Sünder, Zöllner, Huren, Ehebrecher, Aussätzige, Herabgewürdigte, Isolierte und „Unberührbare“ aller Art). 

54. Dazu eine Erinnerung an eine interessante Wendung in der lutherischen Ethik: Leide mit Christus Unrecht für dich in der Nachfolge, aber dulde nicht, wenn der Nächste Unrecht erleiden muss. Dieser Einsatz erfolgt selbstverständlich nicht mit Gewalt, sondern in der Kraft des Heiligen Geistes (Apg 1,8), der die rechten Worte verleiht. Das ist die Aufgabe des Christenmenschen, der Geistlichen insbesondere.

Dagegen dem Nächsten zu predigen, Unrecht zu dulden, ist wohlfeil, billig und bigott. (Zu diesem ganzen Komplex vgl. Luthers Zwei-Regimenten- und Zwei-Reiche-Lehre bzw. seine Auslegung der Bergpredigt und der Zehn Gebote.)

55. Das Evangelium stößt das ordnende, weltliche Regiment und heilsame Ordnung nicht um. Im Gegenteil (Röm 13). Aber es stellt sündiges, verkehrtes Handeln und falsche oder gar böse Werke der Macht unter das Gericht der göttlichen Wahrheit. Eine wahrhaftige Verkündigung wird dann zu einem Gerichtswort. Sie ist freimütig, weil ihr der Heilige Geist den Rücken stärkt. (Eph 6,20; Joh 16,13)

56. Der Gehorsam des Christenmenschen gegen die Gebote der Obrigkeit findet da eine Grenze, wo von ihm zu sündigen gefordert wird: „… gehorsam zu sein in allem, so ohne Sünde geschehen mag. Denn so der Oberkeit Gebot ohn Sünde nicht geschehen mag, soll man Gott mehr gehorsam sein denn den Menschen.“ (CA 16)  

57. Es ist nach meiner Meinung kein Zweifel daran möglich, dass es sich bei den staatlichen Maßnahmen der letzten zwei Jahre ein weiteres Mal um eines der Tiere aus Off 13 handelt. Wer bisher noch gezweifelt hat, ob es sein Unwesen treibt: jetzt ist es aus dem Sack. Die Impfpflicht, der pflegerische und medizinische Berufe schon jetzt unterliegen und die als allgemeine Impfpflicht in der Diskussion steht, spricht für sich.  

58. Diese Tiere stehen nach meiner Meinung nicht für einen pervertierten Endpunkt staatlicher Machtwillkür am Ende aller Zeit, sondern offenbaren die Tendenz eines jeden Staatswesens, dessen Lenker sich der ihnen anvertrauten Menschen zu bemächtigen suchen. Ich schließe mich hier der Auslegung von Bischof Dibelius an (vgl. Grenzen des Staates [Berlin 1949], mit Blick auf den DDR-Kommunismus geschrieben, jetzt wieder aktuell).

59. Schon seit den Zeiten Kaiser Neros wird repressives staatliches Handeln, das den Untertanen (und unter ihnen den „Heiligen“) Unrecht tut, zutreffend mit Off 13 gedeutet. Genau darin liegt ja die Stärke des uns in der Heiligen Schrift an die Hand gegebenen Bildes von den beiden Bestien. Es soll uns wecken und hellsichtig machen. Es widerspiegelt den Schrecken der Märtyrer, die  in den Arenen Roms ausgehungerten Raubtieren preisgegeben wurden, wenn sie sich nicht beugten.

60. Was zeigt sich, wenn man auf das Gesamt des vielgestaltigen digital-pharmakologisch-wirtschaftlich-finanziellen Komplexes blickt, der unter dem Namen Corona / COVID 19 die ganze Welt zu dominieren sucht? Es fragt sich, ob nicht eine fortschreitende Dynamik von Halbwahrheit, Meinungsmache, Nötigung, Aufwiegelung, Rechtsverdrehung, Instrumentalisierung, Gewinn-streben, Diskriminierung, ja sogar Vereinnahmung des Heiligen Evangeliums zu beobachten ist.

61. Selbstverständlich muss offen bleiben, ob es sich um das erste oder um das zweite Tier, um ein letztes oder vorletztes Aufbäumen garstiger Mächte handelt, oder einfach nur um ein weiteres Kapitel des Bösen in der Welt. Wer will das je wissen? Videmus enim nunc per speculum in aenigmate (1 Kor 13,12).* Dazu gilt, wie sonst auch: Dem widersteht fest im Glauben. (1 Petr 5,9)

*Wir sehen nämlich jetzt durch einen Spiegel in einem Rätsel, einem dunklen Bild (Anm. und Hervorhebungen im Gesamttext: Redaktion WB 2020).

62. Ist es nicht ein besonders schalkhafter Effekt, dass gottloses Handeln ausge-rechnet im Namen der Mitmenschlichkeit die Arena betritt? Aber hat sich das Tier je anders aufgeführt?

63. Frage: Inwieweit verkündigt und bezeugt die Kirche noch des Apostels Wort, wonach der Gläubige sowohl dem Herrn zu leben als auch dem Herrn zu sterben habe? (Röm 14,8) 

64. Frage: Was bedeutet es im Grunde, wenn z. B. das Sakrament des Heiligen Mahles aus pandemischen Gründen nicht einsetzungsgemäß gefeiert werden kann, dafür aber im Anschluss an einen Gottesdienst das „Bethaus“ (Mk 11,17) zu einem Impfzentrum umfunktioniert wird (was die öffentlich-rechtlichen Medien anschließend feierlich zelebrieren)? 

65. Frage: Hat es heute noch eine Bedeutung, wenn der Apostel Paulus einst behauptete „zur Freiheit hat euch Christus befreit“ und festhält, dass dies heiße, dass „durch die Liebe einer dem andern diene“? (Gal 5,1.13) 

Friedrich Christoph Ilgner                                   Dresden, den 24. Dezember 2021 

Michael Schuch: Olaf Scholz – Kanzler der Geimpften*

* Textauszug. Vgl. den vollständigen Text vom 04. Dez. 2021 unter https://youtu.be/Jx-KnuUtab0.

Willy Brandt galt als der Kanzler der Herzen. Helmut Schmidt gab den Lotsen und Gerhard Schröder war der Medienkanzler. Gefühlt waren die Genannten für mich, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit, Kanzler aller Deutschen. Beim nächsten wird es grundlegend anders sein. Er tritt schon gar nicht mit dem Anspruch an, in schwierigen Zeiten ein gespaltenes Volk zu versöhnen. Oder wenigstens ausgleichend auf ein friedliches Miteinander hin zu wirken. – Nein, Olaf Scholz hat bereits angekündigt, dass er massive Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte befürwortet. Er ist zwar noch nicht gewählt, aber wir wissen schon jetzt, dass er ausschließlich der Kanzler der Geimpften sein will. Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hat ihr mächtigster Amtsträger mit Drohungen gegen eine beträchtliche Minderheit des eigenen Volkes sein Amt angetreten. Das, liebe Freunde, verheißt nichts Gutes! Aber wir Christen sind vorbereitet. Denn mit Drohungen gegen uns sind wir bestens vertraut … 

Im status infectionis. Christliche Existenz heute 

Sind Christen  wirklich vorbereitet? – Mit dem Worte Gottes gewiss. Da haben wir eine geistliche Waffenrüstung (vgl. Eph 6, 10 – 17), die uns standhalten lässt. Was aber, wenn wir das Wort relativieren, es abschwächen und ihm so die Kraft nehmen? Dann wird das Salz fade. Was wir seit dem 18. / 19. Jahrhundert und bis heute erleben, ist der massive Einbruch des Zeitgeistes in Theologie und Kirche, auch in die Gemeinde vor Ort. Wir sind schwer infiziert von dem, was die Welt uns über Gott und Mensch, über Wahrheit, Gerechtigkeit und Freiheit ins Ohr flüstert. „Zehn Gebote? Du sollst nicht töten? Ach was! Heute denkt man anders darüber …“

Der Zeitgeist (als die Summe dessen, was der moderne Mensch im Allgemeinen denkt und glaubt) oder – um mit dem Evangelisten Johannes zu sprechen – die gottfeindliche Welt ist eingebrochen in unsere Reihen. Der Feind steht in der eigenen Phalanx. Es wimmelt von Deserteuren, die ihre geistliche Waffenrüstung abgelegt haben. Verstaubt, halb verrostet liegt sie in irgendeiner Ecke der christlichen Existenz. Wer will schon kämpfen oder gar leiden – um Gottes Willen! So traf die Wucht der Krise 2020 / 22 auf eine geschwächte, dem Kampf und Leiden entwöhnte Kirche mit geringer Wider-standskraft. Kein Wunder, dass wir beim ersten Anlauf nicht standhalten konnten … 

17. Jan. 2022 (G. Z.)

Jesus und Pilatus

Erst kürzlich habe ich es begriffen, wie der Geist der Verneinung, des Nihilismus in wechselndem Gewande ganze Kulturen infiziert, ausgehöhlt, vernichtet hat. Und wir waren so stolz auf die sokratische Skepsis: „Ich weiß, dass ich nichts weiß – kaum das.“ 

In geschätzter Philosophie, von den Griechen über die Aufklärung des 18. Jahrhunderts (der kalte Spötter Voltaire, der im Aufstand gegen das Infame der Religion seine Fama streute) bis hin zu Nietzsche und Sloterdijk, wirkt dieser Geist der Zersetzung, des Zweifels, der Zertrümmerung aller Werte. Dieses Sezieren und Zufallbringen von allem, was  je höhere Geltung hatte, in mühsamer Kulturarbeit als wertvoll erkannt war.

Kind im Leibe, Mutter- und Vatersein, Ehe und Treue – nada. Gottvertrauen – nada. Wahrheit – nada. Alles nichts. „Nada unser, der du bist im nada, nada sei dein Name. Dein Reich nada …“ lässt Hemingway den älteren Kellner in der Erzählung „Ein sauberes, gutbeleuchtetes Café“ beten. Es ist das Selbstgespräch des modernen, aufgeklärten, in sich selbst gefangenen Ich:  „Unser tägliches Nada gib uns heute“ – unser tägliches Nichts. In der westlichen Kultur nichts Neues. In solcher Blasphemie sind wir aufgewachsen, man hat uns daran gewöhnt, hat im Laufe von zweieinhalb Jahrhunderten den Zweifel wachsen lassen, ihn heiliggesprochen, auch den Hass auf alles Religiöse. So dass Wahrheit, Gerechtigkeit und Freiheit, das Heil der Seele nur noch ein Schulterzucken bedeuten. Unzählige Christen, ganze Kirchen sind dem Pilatusbekenntnis: „Was ist schon Wahrheit!“ (Joh 18, 38), dem Geist der Skepsis und des Relativismus erlegen, der gesichtlosen Religion der Moderne. Einem Götzen. 

Einst stehst du vor deinem Gott. Und er wird dich fragen: Was hast du geglaubt und für wahr gehalten? Wem hast du dein Vertrauen geschenkt, wo die Wahrheit gesucht? Christen erkennen in Jesus Christus, dem Gekreuzigten und – wider allen körperlichen und geistigen Tod – Auferstandenen, die Wahrheit. Ihre Rettung.

11. Jan. 2022   

Veröffentlichung dieses Textes auch als Kolumne in der Wochenzeitung „Demokratischer Wider-stand“ vom 22. Jan. 2022.

Friedrich Schiller: Was ist Mehrheit?*

          Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn.
                    Verstand ist stets bei wenigen nur gewesen.
                    Bekümmert sich ums Ganze, wer nichts hat?
                    Hat der Bettler eine Freiheit, eine Wahl?
                    Er muß dem Mächtigen, der ihn bezahlt,
                    um Brot und Stiefel seine Stimm‘ verkaufen.
                    Man soll die Stimmen wägen und nicht zählen.
                    Der Staat muß untergehn, früh oder spät,
                    wo Mehrheit siegt und Unverstand entscheidet.

                    * Aus: Demetrius. Dramenfragment, am 15. Febr. 1857 am Hoftheater

                        in Weimar uraufgeführt.

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