Vorbemerkung
Diese 58. Ausgabe der WendeBlätter 2020 (mit Reflexionen aus dem Ostseetagebuch 2024*) war schon Anfang September in Rohfassung vorhanden. Dankbar bin ich, dass die Hinderung, die Ausgabe fertigzustellen, keine totale war. Es gibt Ereignisse im Leben, die alles Tun und den Sinn von Worten völlig in Frage stellen. Wie auch immer: nun muss der Text, der schon eine Weile gelegen hat, hinaus. Literarische Arbeit impliziert den Mut zur Unvollkommenheit …
* Urlaub in Nonnevitz/Nordrügen vom 27. Juni bis 14. Juli 2024 (17 Tage). Rückreise mit dem Fahrrad von Nonnevitz bis Zittau: Montag, 16. Juli – Samstag, 20. Juli 2024 (mit Umweg über Seelow ca. 670 km).
In Anbetracht dessen, dass in 2024 relativ wenig WendeBlätter erschienen sind, fiel die Entscheidung für eine Doppelausgabe von 44 Seiten. Die Texte folgen im Wesent-lichen, nicht ganz konsequent, chronologischer Ordnung. Nicht alles ist Aphorismus. Wo ich ungeschützte Impressionen aus dem journal intime, meinem Tagebuch, biete, hoffe ich, dass dies die Lesbarkeit der Ausgabe fördert und ein höherer Zusammenhang – jenseits des eng Persönlichen – erkennbar bleibt …
Sebnitz, am 20./22. Sept. 2024
[Nachtrag:]
Agenda 2030 [New York 2015] – 17 Ziele der nachhaltigen Zerstörung*
Ob in der französischen Revolution von 1789 oder der Russischen Revolution 1917 – sie traten auf verkleidet, maskiert als Wohltäter der Menschheit. Und es kostete Millionen Tote. Globalisierung heute, das ist ein böses Gemisch von rücksichtlosem, imperialem Streben nach Geld und Macht und – Kommunismus. Unser Leben, das Leben nachfolgender Generationen hängt davon ab, Verkleidungen zu erkennen. Es geht um Demaskierung, Entlarvung, Offenlegung von bösen Absichten.
Agenda 2030, 17 Ziele … Man kann die Quelle verdächtigen, als „Verschwörungs-theorie“ verharmlosen (auch Verschwörer wollen nicht auf frischer Tat ertappt werden), oder aber das Ganze Punkt für Punkt nüchtern prüfen und sich warnen lassen.
* Eine Dokumentation des Schweizer Vereins WIR (Quelle: www.kla.tv/28306).
14./22. Sept. 2024
Was ist ein Aphorismus?
Sagen wir es vereinfacht: ein konzentrierter kurzer Text im Umfang von zwei Zeilen oder einer knappen Seite. Nicht alles, was ich in Ausgabe 58 der WendeBlätter biete, kann als Aphorismus gelten. Enthalten sind auch kurze Prosa, theologische Bemerkungen und tagebuchähnliche Texte. – Zur Selbstreflexion des Aphorismus vgl. Gert Zenker: Aphoristischer Dekalog I, Essen: Verlag Die Blaue Eule, 2000.
Aphorismus: Faulheit zu einem längeren Gedankengang? – Nein, berechtigte Unlust zur längeren Niederschrift eines
kurz faßbaren Gedankens.
Einen Aphorismus an den Haaren herbeiziehen,
ihn dann freundlich setzen heißen,
nach allen Regeln der Kunst bearbeiten,
ihn frisieren und pomadieren,
ihn mit inhaltsreicher Speise mästen?
Seht, er kratzt sich noch am Kopf.
Ehrgeiz des Schriftstellers:
alle ungelösten, offenen Fragen der Menschheit (und des eigenen Lebens)
gebündelt in die Flucht – von einem Meter zu bringen.
Und irgendwann im Ausgang
des 20. Jahrhunderts macht einer
seine Sprachlosigkeit
zum Beruf.
Am Anfang war der göttliche Aphorismus …*
1988–2000 * Der Logos (vgl. Genesis 1, 3 u. Johannes 1, 1).
Urlaubslektüre
Ein wichtiges Buch, hundert Jahre alt, aus dem Regal antiquarischer Bücher in der Rezeption in Nonnevitz/Rügen: Paul Mantegazza (einst Professor der Anthropologie und Senator in Florenz): Die Physiologie der Liebe. Aus dem Ital. von Dr. Karl Kolberg, Berlin: Verlag Rothgießer & Possekel, 1924, 277 S. Dieses Buch gehört mit Solowjow zu dem Besten, was ich je über Liebe gelesen habe.
Ein Wunschtraum: „Am Tage, wo wir gewahr werden, nicht mehr geliebt zu werden, sondern betrogen zu sein, möge die Liebe hinsterben ohne der Eifersucht Raum zu lassen.“* * Paul Mantegazza, s. a. O., S. 139.
28. 06./22. 07. 24
Smarte Geschichte
„Dank Euch allen, dass Ihr das Handy an unserem Zelt nicht benutzt.“ – Der Normalverbraucher wird gar nicht verstehen, was ich meine und wird fragen: „Was ist denn so schlecht am Handy?!“ Diese Frage, ernsthaft gestellt, ist der erste Schritt zur Erkenntnis. Wer ihr nachgeht, stößt auf Probleme der Strahlung, der Kommunikation, der Massenpsychologie, des Machtgefüges …
Von Widerstandskraft ist in verschiedener Weise die Rede. Mutige Menschen widerstanden in der Zeit nach 2020 den widrigsten Umständen. Doch auch sie, Mütter und Väter, überlassen auf der anderen Seite ihre Kinder ahnungslos fremder Macht, liefern sie aus. In der Verfallenheit, dem völligen Ausgeliefertsein an Fernsehen, Computer und Handy, in dem irrsinigen Zwang ständiger Erreichbarkeit, in diesem: mein Außenhirn immer nah bei mir, ich kann ohne dich nicht sein, sehe ich (viele werden hier leidenschaftlich protestieren, es nicht wahrnehmen wollen) den ersten großen Schritt in Richtung globaler Sklaverei.
01. Juli/22. Sept. 24
Amputiert
Wegen Knochenkrebs amputiert mit Dreizehn, bis oberhalb des Knies. – Nur gut, dass dem Jungen noch ein Teil des Oberschenkels blieb, die Eltern sind dankbar, dass nicht ein noch größeres Unglück geschehen ist.
Es gibt echte Probleme, echtes Leid – und Scheinprobleme, selbstfabriziertes Leid (Streiterei aus lauter Überdruss und Langeweile …).
Smartes II
Wer nur mit Navigator fährt, verliert die Orientierung im Gelände.
Wer für jede geringe Rechenoperation den Calculator nutzt, verlernt das Einmaleins.
Wer sein Handy ständig nach dem Wetter fragt, verliert den Blick zum Himmel.
Wer alles fotografiert, schaut am Ende gar nicht mehr hin …
Begierde
Kaum zwölf und schon dem begehrlichen Blick eines Mannes ausgesetzt … – Im Islam eine Alltäglichkeit.
Fußball-Wahn
Hier darf ein Deutscher noch Flagge zeigen, tut er’s im Alltag, gilt er als böse-rechts (Samstag, 29. Juni: Spiel Deutschland – Dänemark 2 : 0).
30. Juni/22. Juli 2024
Mein literarisches Werk
Mein literarisches Werk ist in dieser Welt verflogen
wie dieser zerknüllte Zettel da im Papierkorb in Tobolsk.
Und was bleibt von der menschlichen Liebe?
Der Mensch: ein Wesen, das der Liebe immer neue Wunden schlägt,
bis der Geliebte sie im Blute ihres Angesichtes nicht mehr erkennt,
ihr in seinem Entsetzen nicht mehr beistehen mag.
Treu bleibt nur, wer den Anblick nicht scheut und sanft unter dem Blute
der Liebe Antlitz sucht.
05./14. Okt. 2001 (aus dem Russland-Tagebuch)
Über die Liebe
Im Vergleich zu dem, was uns der Russe Solowjow, der Florenzer Mantegazza und der Dichterpfarrer Kosegarten „Über die Menschheitsliebe“ sagen, ist alles, was wir heute über die Liebe hören und zu wissen glauben, fades Geschwätz.
Der Zeitgeist nennt die blanke Wollust „Liebe“, verbreitet völlig irrige Vorstellungen von dem, was Liebe sei. Ehebruchsphantasien in den Werken französischer Autoren des 17.–20. Jahrhunderts, bei den Deutschen schon in Goethes „Wahlver-wandtschaften“, bei den Römern noch eher. Und das prägt dann die Ethik von Generationen.*
„Es ist das dämonische Bestreben der Literatur, die Moral zu vernichten. Die Aufgabe, dieser Verführung Herr zu werden, ist für den geringsten wie für den größten Schriftsteller nahezu unlösbar …“ – Werner Kraft: Spiegelung der Jugend, Frankfurt/M.: Fischer, 1996, S. 13.
„Gott ist Liebe“, sagt die Bibel und meint eine Liebe ungleich anderer, höherer Art im unendlichen Unterschied zwischen Gott und Mensch (Kierkegaard).
02./22. Juli 2024
Was ich von der Zeit nach 2020 nicht vergessen habe:
Den Pfarrer mit Maske vor der Kirchentür, steile Sprüche von Bischöfen, Impfen sei ein Akt der Nächstenliebe, chauvenistische Äußerungen von der Art, dass alle Masken-, Test- und Impfverweigerer in Lager gehörten, wo man sie zwangsimpfen sollte.
Dass man Söhnen und Töchtern verweigert hat, ihren sterbenskranken Vater, ihre alte Mutter im Pflegheim zu besuchen, so dass sie einsam und verlassen dahingehen mussten und den Verwandten am Ende nur die Todesnachricht blieb. Das rüde Vorgehen der Polizei gegen Demonstranten, die öffentlich Beschimpfung Andersdenkender, die verordneten Strafen.
Das völlige Versagen von Kirche und Theologie auf der ganzen Linie, das mit Obrigkeits-Theologie getünchte, erbärmliche Mitläufertum. Die hartnäckige Weigerung, hinter die Kulissen zu schauen.
All diese Unruhe, die uns allein die Schule verursacht hat. Dieses „Licht aus“ von Musikschule, Theater und Kirche in einer sächsischen Kleinstadt. Dieses ganze servile Theater der Angepassten. Die Schädigung der Gesundheit von Kindern durch den Maskenzwang, in summa: die mörderische, der Opfer nicht achtende, über Leichen gehende Corona-Ideologie. Die fortgesetzte Weigerung, Schuld einzugestehen und für „Maßnahmen“ um Vergegbung zu bitten (usw. usw.).
02./22. Juli 2024
[Nachtrag:] Gebrüll und Schweigen
Ich halte wenig vom Gebrüll des Volkes auf der Straße. Noch weniger vom maskierten Schweigen unserer Kirchen und freien Gemeinden. – Angesichts der Nicht-Verarbeitung des kirchlichen Mitläufertums in der Coronakrise bin ich ungehalten. Es ist ein Zorn auf geistiger Ebene, dass er an meiner Seele nagt, mir noch im Nachhinein das Leben verbittert, erlaube ich ihm nicht. Unsere Damen und Herren Mitläufer-Theologen, welcher Zeit auch immer, werden es einst an höherer Stelle selbst verantworten müssen, ihre Schäfchen in die Irre geführt, sie ans Messer, an Maske und Nadel ausgeliefert zu haben.
04./20. Sept. 2024
Die Logopädin oder Vom Umgang mit dem Wort
Anfang der 90er Jahre, im Arbeitszimmer von Uwe Pape, dem Raum mit der Sprüche-wand, wo Uwe als Sprachheillehrer seine Stotterergruppe unterrichtete und nach wochenlanger harter Arbeit mit Stöhnen und Seufzen (einer speziellen, aus England kommenden Methode des Neuaufbaus der Artikulationsfähigkeit) zum Sprechen brachte. Auch mich, der ich mehrmals in Hamburg Wendtorf hospitieren durfte.
Irgendwann war auch eine junge Logopädin aus einer sächsischen Kleinstadt als Hospitantin zugegen. In einere Pause nahm sie die Gitarre zur Hand. Sie spielte sehr gut Gitarre, hatte in der Begleitung ein lockeres Pickung-Muster. Da lag eine Bibel, sie schlug sie wahllos auf, traf im Neuen Testament die als Hohelied der Liebe bekannte Stelle im Ersten Brief an die Korinther, Kap. 13, und las flüchtig den 11. Vers: „Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war.“ Dann kommentierte sie: „Verstehe ich nicht, sehe ich anders“ und schlug die Bibel zu, um sie – vielleicht ein Leben lang – nie wieder aufzuschlagen.
Keine Bereitschaft, sich der Tiefe eines Textes zu stellen, sie zu ergründen. Solch oberflächlicher Umgang mit Texten macht es Ideologen und Verführern leicht, Menschen, die nicht tiefer fragen wollen, in ihrem Sinne zu formen.
Intentionales Verstehen oder Die Meinung der Rose
Einen Text verstehen, bedeutet auch, seine Gesamtintention, seine Aussagerichtung zu erfassen. Wegen einer Einzelaussage, die einem missfällt, den ganzen Text zu verwerfen, ist töricht. So wie man auch nicht den ganzen Menschen verwirft, nur weil einem irgend etwas an ihm nicht gefällt.
Für literarisch Ungebildete, politisch Desorientierte schwer zu begreifen: dass es Texte gibt, die mehr sind als nur eine Meinungsäußerung. Die meisten wittern hinter jedem Buchstaben eine Meinung. Wenn es in der Welt nur Meinungen gäbe, wäre das Leben dürr und staubig wie die kasachische Steppe im Sommer.
Welche Meinung hat eigentlich eine schöne Rose?!
09./23. Juli 2024
Parallelwelten
Parallelwelten auf dem Campingplatz. Wohnwagenplätze, die perfekter eingerichtet sind als mein Zuhause in Sebnitz, wo ich das Geschirr, die Schuhe, die Handtücher meines 2017 verstorbenen Vaters nutze und alte Seifen noch aus dem Bestand meiner Großeltern …
Alleinstehend
Alleinstehende Mutter mit drei Kindern: „Es ist anstrengend, aber das vorher war auch anstrengend …“
Die Neigung, Anstrengendes meiden, ablegen zu wollen, ist eine weit verbreitete Illusion. Es geht nicht ohne Anstrengung. Oft geht es nur vom Regen in die Traufe (Tipp für Trennungsbesessene …).
„Corona-Zeit“
Wie historisierend wir von der Corona-Zeit reden … Es ist nicht vorbei! Corona mit Maske, Test und Nadel war nur das erste Aufflackern, die Initiation eines gesteuerten Prozesses mit konkreteten Zielsetzungen (vgl. die Agenda 2030).
Metanoia …*
Was bedeutet „Wende“ heute, warum schreibe ich die WendeBlätter weiter? – Es geht um Aufklärung in einem ganz anderen Sinne als im 18. Jahrhundert, um die Offenlegung von ungeistigen Prozessen, die sich in das Gewand des Humanum, des Nachhaltigen, des Menschheitsfortschritts kleiden. Nimmt man den Schafspelz ab, zeigt sich das Wolfsgesicht …
* Ein griechischdes Wort für Umkehr, Sinnesänderung, Sinneswandel, Buße. 09. Juli/22. Sept. 2024
Enthaltung
Im Urlaub suche ich mich fernzuhalten (es gelingt nicht immer) von aller Redseligkeit
auf dem Zeltplatz oder am Strande. Ich habe nichts davon und kann wenig geben. Man mag es mir als Ungeselligkeit oder Hochmut auslegen. Vielleicht ist es – eine Art Schüchternheit, aus alter Sprachbarriere geboren. Nein, eher eine bewusste Enthaltung (Griech. epoché) vom Multiloquium, von Vielrederei. Wie gesagt, es geling mir nicht immer. Ich bin da nichts Besseres. Ich versuche, das Beste zu geben, auf meine Art. Und erhoffe das auch von den anderen.
„Es gibt keine anderen“, heißt es in George Simenons Roman „En cas d’un malheur“ (Im Falle eines Unfalls). Wir sind alle Ichze, ausnahmslos.
Selbstgespräch
Literarische Texte: eine Art Selbstgespräch mit dem Hang zur Mitteilung. Mit dem Wunsch, dass einer mithören möge. Dumm, wenn ein Verfassungsschutz literarische Texte zu bewachen, auszuhorchen sucht. Nun, vielleicht kann man ja etwas lernen dabei …
Drei Unermesslichkeiten
Strand, Luft und Meer. Vgl. Balzac (1799 – 1850): Ein Drama am Ufer des Meeres. – In: Der Liebestrank, Berlin; Weimar 1981, S. 87 ff.
09./23. Juli 2024
FKK
Das schöne Vlies, des Lächeln der Jungen
Mutter …
10./23. Juli 2024
Wetterbericht
Ich ignoriere den Wetterbericht. Der Ausdruck Bericht geht fehl. Berichten kann man nur über Vergangenes und Gegenwärtiges. Beim Wetterbericht interessiert allenfalls die Prognose. Berichtet wird, welche Prognose die Wetter-Wissenschaft (oder -Machenschaft) stellt. Berichte dieser Art begegnen uns auf anderen Gebieten auch sonst des öfteren …
01./22. Juli 2024
Wettermacher
„Na, Ihr Wettermacher!“ spreche ich die Chemnitzer an in ihrer Strandburg.
Ja, Menschen können Wetter machen. Regen, große Dürre, Tsunamis, Flutkatastrophen in gezielten Territorien …
10. /23. Juli 2024
Das Leuchten des Meeres
Mir ist Das Leuchten des Meeres abhanden gekommen, kann das Buch (hg. von Harry Trommer) nicht finden. Hat es etwa Heinrich mitgenommen auf die Vier-Tage-Reise nach Dänemark?
Da erfahre ich: Hermine, die erwachsene, 18jährige Tochter hat daraus vorgelesen am Strand. Das freut mich. Also ist das Leuchten des Meeres doch nicht verloren …
11./23. Juli 2024
Mit einem Anflug von Traurigkeit
Ein Tag, der mit einem Anflug von Traurigkeit begann, wird fröhlich durch Musik, Ananas und den Anblick der Jugend. Durch Gottvertrauen allemal …
Für „Depressionen“ (ein Wort, das ich von mir weise) habe ich in meinem Leben weder Zeit noch Kraft.
11./23. Juli 2024
Germania, tätowiert
Die junge, stämmig, hochbeinige, schöne Germania trägt eine Tätowierung auf ihrem linken Oberschenkel, den sie mir am Abwaschtisch freundlich darbietet, auf meine Bitte hin, den Haut-Text lesen zu dürfen.
„All men are bad in someone another`s story.“ – Das ist zweifach deutbar: alle Menschen sind schlecht im bösen Leumund, in der üblen Fama, die ihnen andere machen. Oder (zweite Deutung): weil sie in einer anderen Lebensgeschichte Schaden angerichtet, sich wahrhaft – als Sünder, als Unglücksbringer erwiesen haben.
12./23. Juli 2024
Dein Gesicht
Im Lachen schön, aber auch schön, wenn Du ernst bist. Das ist selten, die meisten lachenden Gesichter fallen in sich völlig zusammen, wenn es ernst wird … Ein Gesicht, in dem der Blick sich verliert, nicht wieder herausfindet.
Du hast das Bonbon, das auf den Waldboden geglitten war, aufgehoben und mit Regenwasser abgewaschen. Das hat mir gefallen …
Bewusstseinstrübung
Wenn es Machthabern mittels gezielter Bewusstseins- und Gewissenstrübung gelingt, die Masse daran zu hindern, Fragen zu stellen und tiefer über die Liebe, die mensch-liche Schuld, die Geschichte nachzudenken, wenn man in den Medien bewusst die Oberflächlichkeit, das Schubladendenken befördert, werden die Menschen angreifbar für Ideologien jeder Art, als Hörige im Nicht-mehr-Denken.
Da werden dann die einfachsten Zusammenhänge nicht mehr erkannt. Alles überdeckt, Gut und Böse verwirrt von fremder Interpretation, Ideologie, Irrlehre. Das betrifft Glaube und Religion, das Bild von Geschichte, das Menschenbild, die Auffassung von Liebe, den Bezug zur Natur – einfach alles. Im Klartext: lasst Euch nicht verdummen …
Stimme von der Front
Er ist Krankenpfleger und weiß von Impfschäden, von Spätfolgen, von zu Tode Geimpften, ihm kann man nichts vormachen, er steht in der Pflege an vorderster Front. Ihm steht klar vor Augen, was die Goldenen Zwanziger Jahre des 21. Jahrhunderts in ihrem Beginnen angerichtet haben, weltweit. Und er bringt es in deutliche Sprache: Völkermord.
Klar ist: bei der Aufklärung der Vorgänge 2020 folgende brauchen wir die Geimpften. Die Geimpften sind unsere Leidensgenossen. Betrogene wie wir.
13./23. Juli 2024
Das alte Lied: rechts – links
Ein Schema, das nichts taugt. Ich gebrauche es nicht. Es geht um konkrete Themen, mit denen wir uns befassen müssen. Das Links-rechts-Schema bringt uns da nicht weiter, baut nur Barrieren auf, Denkschranken, Denkverbote. Wir leben in einer Gesellschaft der Denkbarrieren.
Es gibt ja nicht nur zwei Himmelsrichtungen – oder nur drei Dimensionen. Die Vierte Dimension ist das Denken in der freien Raum-Zeit.
Im Grunde geht es doch um gut und böse, wirft jemand ein. Das zieht sich quer durch alle Lager – und ist so schwer zu erkennen … Der Relativismus verkleistert uns die Augen.
Frieden für die Ukraine
Es geht ein Gerücht: in der Ukraine fahren Panzer mit dem Hakenkreuz gegen Russland.
„Dass die Ukraine zu den weltweit korruptesten und totalitärsten Regimen zählt, wird nicht einmal mehr erwähnt.“ – Die Ukraine: ein Land, in dem die „Bevölkerung seit Jahrzehnten totalitärer Gehirnwäsche unterzogen wurde, wo Kirchenverfolgung … und Rassismus gegenüber Russen, Juden, Deutschen und Polen … zur traurigen Tradition gehören.“*
Das ist aus dem öffentlichen Bewusstsein völlig verdrängt.
* Vgl.: André Sikojew: Die Freiheit der Kinder Gottes. –In: Crisis. Journal für christliche Kultur, Ausg. 2, Herbst 2022, S. 4–9, hier: S. 7.
13./23. Juli 2024
Die WendeBlätter 2020
Ein Tropfen auf den heißen Stein. Einer der vielen Versuche, der Spaltung unserer Gesellschaft entgegenzuwirken, Aufklärung zu betreiben. Man hört Stimmen, die vor einem drohenden Bürgerkrieg warnen, falls es nicht gelingt, die Fronten abzubauen und die Gegensätze sich weiter zuspitzen.
Nicht vergessen sind diese Äußerungen: „Steckt sie in Lager, verpasst ihnen die Zwangsimpfung“. – Mit Schützenhilfe der Kirche, wo Bischöfe meinten, Impfen sei ein Akt der Nächstenliebe.
Alternativen
Auch die Alternativen schwören auf das Handy, können nicht davon lassen, sind in hohem Maße abhängig von ihrem Smartphone – wie alle anderen auch. Die wenigsten realisieren: alles, was smart heißt, ist Militärtechnologie. In spezifischer, globaler, massenwirksamer Form auch das Handy. Von Menschen verschiedenster Denkart, Hautfarbe, Nationalität, Gesinnung mittlerweile ganz selbstverständlich genutzt, mehr oder weniger unbedarft. Als eine Art Außenhirn.
Das Zeitalter des gläsernen Menschen ist längst Wirklichkeit, nun geht es mit Macht in den Transhumanismus hinein, und wir schwimmen widerstandslos mit. Chip unter die Haut oder gleich – ins Gehirn. Davon sind wir gar nicht so weit entfernt …
13./23. Juli 2024
Der mittelalterliche Schreiber
Der Schreiber im Mittelalter (ich bin ihm verwandt) ließ sich erzählen und schrieb auf, was ihm die Leute sagten, was sie, die des Lesens und Schreibens unkundig waren, einem anderen sagen wollten.
Je nach Wetter und Laune und Begabung des Schreibers kamen da manchmal wahrhaft schöne Liebesbriefe heraus. Aus langem Gerede, Gestammel vielleicht nur dieser eine Satz: „Ich liebe Dich …“
15./24. Juli 2024
Aufarbeitung?
Seid Ihr bereit zu erkennen, dass die so genannte „Impfung“ gegen Corona eine gezielte Genmanipulation war?
Seid Ihr bereit wahrzunehmen, dass es seit der Impfung eine deutliche Übersterblichkeit gibt, weltweit? Zahllose Opfer an massiv Impfgeschädigten, Impftoten?
Seid ihr bereit zu begreifen, dass es vom Anbeginn der Geschichte bis auf den heutigen Tag Verschwörungen gegeben hat, geheime Absprachen auch in der Hohen Politik, von der Verschwörung des Catilina bis zum Hitler-Stalin-Pakt und darüber hinaus?
Seid Ihr bereit einzusehen, dass die Hauptmedien immer in den Händen der jeweiligen Staatsmacht liegen und von ihr genutzt werden zur Bewusstseinsprägung der Massen?
Seid Ihr bereit einzugestehen, dass die Beschimpfung und öffentliche Diffamierung von Masken- und Impfkritikern ein großes Unrecht war? Steht Ihr dafür ein, dass die Verantwortlichen für überzogene Massnahmen, Impfzwang und jegliche Klüngelei mit der Pharmaindustrie (Frau van der Leyen hat per Handy Millionengeschäfte getätigt) vor ein Gericht gehören und angemessen bestraft werden müssen?
Seid Ihr in der Lage einzugestehen, dass Eure Gutgläubigkeit 2020 folgende ein Fehler war, Ihr Euch in Vielem geirrt habt und von den Medien verführt worden seid? Seid Ihr bereit, Mitläufertum, Versagen und Schuld einzugestehen, Mitschuld daran, dass Kinder Masken tragen mussten und alte Menschen im Altersheim einsam starben? Mitschuld auch an den Folgen der „Impfung“?
Ihr Theologen: seid Ihr bereit, auf theologische Argumente zu verzichten, die Euer Mitläufertum bemänteln? Sind jene Pfarrer und Bischöfe zum Rücktritt bereit, die der irrigen Auffassung huldigten, Impfen sei ein Akt der Nächstenliebe? (usw. usw.)
[Die Fragen sind vergeblich gestellt. In Wahrheit gibt es keine Aufarbeitung, die Systeme wechseln schneller als der Mensch sich wenden kann. Allein im 20. Jahrhundert: Kaiserzeit – Weimarer Republik – Nationalsozialismus – DDR-Sozialismus – Marktwirtschaft der Nachwendezeit – Globalisierungsideologie und Transhumanismus …]
13./23. Juli 2024
Im Großen Garten des Menschlichen
(Meinen Freunden, den Ökologen)
Im Frühjahr 2020 trafen wir uns noch alle im Großen Garten, da wurde meditiert, gesungen, konnte öffentlich reden, wer wollte, war alles noch ein Spiel. Später wurde es ernster, rauher auf Dresdens Straßen und überall im Lande, in Sachsen vor allem. Bis wir müde wurden, sich der Widerstand spaltete, zerfaserte. Man hatte es geschafft.
Bei vielen kam, was als eine Art Selbstschutz kommen musste, man versteht es ja – der Rückzug in die Innerlichkeit, zum Teil auch der Rückzug aus bedrängender Reflexion: „Wichtig ist doch der innere Friede, das Lebensglück, die Verbindung zur Natur, die Lebensfreude nicht zu verlieren.“ – Esoterik hilft bei diesem Rückzug ins Alternative. Der Gott der Bibel spielt da bestenfalls eine Nebenrolle. Ein bisschen Theologie nimmt man gerade noch in Kauf.
Freundlich erklären sie mir, wir sind ja irgendwo eines Sinnes, dass es ein guter Weg sei, den Rummel auf den Straßen zu meiden, Besinnung auf sich selbst sei das Wichtigste. Und sie bekennen, dass sie sich ganz wohlfühlen in ihrer alternativen Denkart und Lebensweise mit ihren Gärten, Läden und Höfen (ich habe ja selbst auch einen Garten …). Dass sie in ihrem natürlichen, quasi himmlischen Leben keine Politik und – das höre ich zwischen den Zeilen – auch keinen Gott brauchen.
Bei den Kommunisten (in der DDR) klang das so: „Ohne Gott und Sonnenschein / bringen wir die Ernte ein.“
13./24. Juli 2024
Fußwaschung
Sich niederknien, dem 15jährigen, fast erwachsenen Sohne (mit Füßen so groß wie die des Vaters), der im Regen Bernsteine gesucht und gefunden (!) hat, mit warmem Wasser und Seife die Füße zu waschen im schützenden Zelt, das ist mehr als alles Reden und Argumentieren, mehr als alle 58 Ausgaben der WendeBlätter 2020.
„Gehe hin und tue desgleichen“ – Deinem Sohn, Deiner Tochter …
13./24. Juli 2024
Vom Verstehen im 21. Jahrhundert
Wenn das Verstehen nicht mehr versteht,
die Liebe nicht mehr liebt,
die Hoffnung nichts mehr hofft,
das Versprechen nichts mehr zu versprechen wagt,
wenn gutes Gebot nichts mehr gebietet,
das Verzeihen nicht mehr verzeihen kann,
der Glaube kein Gottvertrauen wagt,
das Vertrauen keinem mehr wirklich vertrauen kann,
wenn die Güte zu nichts mehr gut ist,
der offene Blick seine Offenheit,
das unschuldige Herz seine Unbefangenheit verliert
und Wahrheit ihre letzte Wahrheitsähnlichkeit,
wenn der Mut zum Unmut wird,
der freie Stolz zum Übermut,
das Aufrechte sich dem Gekrümmten neigt,
alles Bejahen zum Nein wird
und das Widerstehen in Unterwerfung endet …
Ist es ein Ende ohne Ende.
Was fangen wir dann mit unserem Menschsein an …
Wo sind wir hingeraten!?
13./24. Juli 2024
DER RÜCKWEG (15. – 20. Juli 2024)
[Am Montag, dem 15. Juli 2024, früh 4.00 Uhr Aufbruch in Nonnevitz/Rügen mit dem Fahrrad Richtung Heimat … Ab hier also Notate von unterwegs. Eben sind drei Eichelhäer in Sebnitz an meinem Arbeitszimmer vorbeigeflogen. 24. Juli 2024]
Gedächtnisstsütze
A – C – F / G – L – N – R … Was ist das? – Eine Art Gedächtnisstütze in alphabetischer Folge, damit ich beim Fahren nicht vergesse, welche Gedanken ich festhalten, aufschreiben wollte. Gedanken sind flüchtig, und ich will nicht jedesmal innehalten, etwas zu notieren, will ja vorwärtskommen. So lässt man Gedanken zurück oder jagt ihnenen nach … Und treibt zurück ins Vergangene …
Anklamer Stadbruch
Einen Teil des Geländes hat ein bekannter Vogelschutzverein, die NABU erworben. Ca. 15 Quadratkilometer wurden restauriert, die Entwässerungsdurchbrüche im Damm und die Pumpwerke geschlossen. Aus Weide- und Nutzland entstanden wieder Wasserflächen. Einhundert Vogelarten nisten hier. Auf einer Tafel lese ich: Wilde Landschaften wie diese sind selten geworden auf der Erde …
Compact
Bei Resi S., meiner Gastgeberin in dem kleinen Ort Anklamer Fähre am (Peene-)Strom läuft das Radio während des Frühstücks. Polizei ist gegen Compact, eine kritische Zeitschrift, vorgegangen und hat ihr Filmportal verboten. Das ist nun die erste Medien-Nachricht (von den Fußballergebnissen abgesehen), die mich seit zweieinhalb Wochen
Medienabstinenz erreicht. Haussuchung bei der Redaktion. Der Vorwand, das Etikett der Aktion: „rechtsradikal“. Damit ist dann alles erlaubt, auch die direkte Zensur, die Haussuchung, Beschlagnahme des Vermögens, das Verbot einer kritischen Stimme …
Compact stellt Fragen, befasst sich mit Themen, gibt eigene Antworten. Das gefällt gewissen Leuten nicht …
16./24. Juli 2024
Gruß vom Fahrradweg
Der Fahrradweg als Gleichnis des Lebens … Jedes leichte Bergab muss irgendwann mit einem Bergauf bezahlt werden. Es geht bergauf meint eben nicht nur die leichte Seite des Lebens.
Außerhalb von großen Städten (Bergen, Greifsald, Anklam …) grüße ich jeden Menschen, der mir auf der Strecke begegnet und mich eines Blickes würdigt. Damit pflege ich eine Tugend (Tugend meint ursprünglich: Tatkraft, Lebens-Tüchtigkeit), die in Deutschland weitgehend verloren gegangen ist. Man fährt oder läuft oft stumm aneinander vorbei, versäumt es, dem anderen einen Guten Tag zu wünschen oder einen Guten Abend, einen Guten Morgen.
Merkwürdig ist es mit dem Grüßen. Aus Adios (Gott befohlen) wurde Tschüss, daraus die gräuliche Abkürzung: Tschüüü, am Ende bleibt nur ein Zischen: Tsch …
Aus dem (ich wünsche Dir einen) Guten Morgen, wurde in Verkürzung Morgen, daraus Moijn, und dieses Moijn wird dann neuerdings zu jeder Tageszeit gebraucht, auch am Abend. – Skurril.
16./24. Juli 2024
Vom Schema Links-rechts
Wie man läuft, mit dem linken Fuß, dann mit dem rechten, dann wieder mit dem linken, und so fort. Beim Walzer setzt der Mann mit dem rechten Fuße ein, im zweiten Takt geht der linke zurück.
Links und rechts Wasser im Anklamer Stadtbruch. Ob links oder rechts – alle kochen nur mit Wasser das Süppchen ihrer Ideologie. Ich befasse mich mit Themen, leiste geistige Arbeit über das Links-rechts-Schema hinaus, von ihm unabhängig.
16./24. Juli 2024
Regen
Was ist, wenn es im Anklamer Stadtbruch, plötzlich anfängt, stark zu regnen? Weit und breit kein schützender Strauch oder Baum, wo ich das Fahrrad anlehnen könnte.*
Ganz einfach. Das Fahrrad samt Gepäck hingelegt neben den Weg, eine Plane drüber, eine zum Drauflegen drunter, sich zusammenrollen (das alles dauert kaum zwei Minuten) – und sich freuen, wie der Regen auf die Plane prasselt, lächeln, singen, dankbar sein. Das ist doch besser als mit dem Schicksal zu hadern, den Regen zu schelten und gedankenlos das üblich Schimpfwort zu gebrauchen …
* Die Situation ist so nicht eingetreten, hätte aber eintreten können … Wie ein Mensch darauf reagiert, ist eine Frage der Lebenshaltung. Ob einer aus der Dankbarkeit lebt oder – dem Fluch.
16./24. Juli 2024
Sehnsucht
„In unsern Herzen / brennt eine Sehnsucht, / die lässt uns nimmermehr in Ruh.“*
Alle erfüllte Sehnsucht hat diesen Geruch des Unvollkommenen und einen bitteren Nachgeschmack. Es ist eine Sehnsucht, für deren Beschreibung es keine Worte gibt. Auch die Vokabel Frau, schwer zu lernen, ist hier eine höchst unzureichende.
Sehnsucht weist nach vorn. Rückwärts, in unruhigem Schlaf, vom Morgen träumend, liegt das Unerfüllte, das „Beinahe“ … Auch dieser Gedanke ist noch nicht am Ziel, dreht sich im Kreise.
* Aus dem Lied „Wenn wir erklimmen schwindelnde Höhe“, vgl. die mundorgel, Köln: Mundorgel Verlag, 1968, 2. Aufl., Nr. 155.
16./24. Juli 2024
Nachträge zur Urlaubs-Bibliothek
Aus der Bibliothek in der Haltestelle in Lebehn am See, gemütlich eingerichtet, mit einem Sessel in der Ecke, einem Tisch und zwei Stühlen, zum Lesen einladend, habe ich ein Buch des Theatermanns Fritz Lang entdeckt, abends in der Haltestelle die Titelgeschichte gelesen und das Buch mitgenommen. Fritz Lang: Der Tod eines Karrieregirls, Wien: Europaverlag, 1987, hier: S. 163 – 197.
16./22. Juli 2024
Erbbegräbnis Vogelsang
Ein quadratischer, eher parallelogrammartiger Turm mit Haube und Laterne von 1826 am Eingang des Friedhofs, gleichsam als sein Tor. Eine Glocke, die seit 1994 wieder läutet. Rechts, im Innern des Torbogens im Turme eine schmale hölzerne Stiege, die nach oben zu einer Klappe führt. Es ist das Erbbegräbnis der adligen Familie von ENKEVORTH. Dahinter auf dem Friedhof ein großes Tonnengewölbe mit zahlreichen Särgen.
Am Turm steht an der dem Friedhof zugewandten Rückseite auf eiserner (kupferner?) Tafel dieser rätselhafte Spruch:
DEIN GENIUS UNSTERBLICHKEIT
SCHWEBT ÜBER URNEN SIEH ER BEUT*
HIER LAECHELN STARKE RECHTE
VERBIRG DIE DUESTERSTE DEN NÄECHTE
DEN MORGEN NICHT DEN SIE GEBIERT
DEN SCHOENEN TAG DEM SIE ENTGEGEN FUERT
MAG IMMER SICH DER WEG DURCH GRAEBER WINDEN
SEIN ZIEL IST LICHT UND WIEDERFINDEN
* Beut: ältere Form von bieten.
Der Spruch klingt nach Klopstock, das konnte ich aber bis jetzt nicht verifizieren, auch bin ich mir beim nochmaligen Lesen nicht sicher, ob ich den Text richtig abgeschrieben habe.
16./24. Juli 2024
Marktgespräch
Marktgespräch mit dem Blauen Kreuz in Ückermünde über die Freigabe von Canabis.
Kopfschütteln. Benebelte Jugend lässt sich medial noch besser beeinflussen, das ist doch der unausgesprochene Zweck.
Kommt ein Wanderer des Wegs und sagt: „Diese Verbrecher …“ Ich habe nichts gehört, kenne den Mann nicht, kenne mich selbst ja kaum – und fahre weiter.
Der Schuss
Ein Knall, fast wie ein Schuss, vor einer hölzernen Brücke in Ückermünde. Von einer Plasteflasche, hinten auf dem Gepäck befestigt, hat es den Boden weggesprengt bei dem Gerüttel auf dem Fahrradweg. Es war wohl zuviel Kohlensäure darin.
Auf einer Bank nahe der Brücke ist ein älteres ukrainisches Ehepaar Zeuge des Vor-falls. Man kommt ins Gespräch, fragt, wo ich Russisch gelernt habe. In der DDR, in der sozialistischen Schule. Dann weiter samoje, als Autodidakt. Um noch irgend etwas zu sagen, erzähle ich, dass ich die russischen Schriftsteller mag: Puschkin, Tolstoj, Dostojewski, Solowjow, Pasternak … – Und Putin?, fragt mich der Mann. Mir fällt in der Verwirrung keine andere Antwort ein als diese: „Ich mag keine Cäsaren …“ Da zieht der Mann blank – gegen Putin.
Vom Felde der Literatur, von der er vermutlich wenig weiß, ist er auf das Feld der Politik ausgewichen, von der er auch nichts versteht. Der gute Mann weiß ja gar nicht, hat nicht die geringste Ahnung, wer ihm diesen Krieg in der Ukraine eingebrockt hat.
16./25. Juli 2024
Spaziergang am Gängelband
Menschen, die ihren Hund spazieren führen, das heißt: er hat sie am Gängelband, zieht sie hinter sich her.
Handypalaber an jeder Ecke. – Und das gleiche Gefühl: Menschen am Gängelband des Außenhirns …
16./29. Juli 2024
Moderner Mais am Morgen (MMM)*
Überall am Wege: Maisfelder. Genmanipulierter, toter Mais ohne Frucht, nur vereinzelte Kolben, zum Verheizen bestimmt.
Was geschieht, wenn man die Menschen genmanipuliert mittels einer „Impfung“? – Ähnliches …
* MMM war einst, in der DDR-Zeit, die Abkürzung für die Messe der Meister von Morgen, eine Ausstellung, wo junge Leute ihre technischen Fähigkeiten präsentieren konnten.
Haltestellen – überdacht
Rettungssplätze der Entschleunigung. Die Chance, bei Regen innezuhalten. – Wer spielt denn da aus lauter Langeweile schon wieder mit seinem Handy? Das ist doch langweilig, einfallslos.
Höre den Regen, was er Dir sagen will, schau ihm zu, vernimm seine Sprache …
17./25. Juli 2024
Don Quichote im Anblick grüner Landschaft
Blick von Hohenholz, kurz vor Penkun, auf die Windmühlen-Landschaft (von der Autobahn her gedacht: bei der Abfahrt Storkow) … Da haben sorglose Vogelschwärme keinen Platz mehr.
Das Problem der „Entsorgung“: wohin mit den Riesenflügeln, wenn sie verbraucht sind, fragt Don Quichote. Wohin mit dem Öl und dem Treibhausgas?
Rast am Museum
Frühstücksrast mit kurzem Schlaf im Vorhof von Schloss Penkun. Das Museum, im Schloss, das ich voriges Jahr besucht habe, hat geschlossen, es ist noch zu früh am Tage. Schilder auf dem Hof, die an die Grenzziehung nach der Kapitulation erinnern:
„Grenzschutzstelle Pomellen. Zollamt Pomellen – Reisendenabfertigung“ und „Zollamt Szczecin. Zollabteilung Kolbaskowo. Warenabfertigung / Verwaltung“
Penkun
Warum bleibe ich nicht einen Tag hier, besuche nochmal das Museum, spreche mit der Pfarrerin, fahre mit dem Rad um die Penkuner Seenkette, bade in einem See, erkundige mich nach dem Schicksal des Bahnhofs (1877–1945), spreche mit einem Landwirt über die Spruchbänder, die da hängen: „Für eine gerecht Landwirschaft“ – „Für unsere Kinder!“, erkunde die Geschichte des Ortes? Penkun steht für viele Orte, an denen wir auf der nahen Autobahn achtlos vorüberfahren (wie ich viele Jahre lang), in ge-schichtsloser Eile.
Auch heute fahre ich einfach weiter („Du hast ja ein Ziel vor den Augen …“) – und nehme meine Fragen, wie es im Schloss zugegangen sein mag im Frühjahr 1945 unbeantwortet mit.
[Hinter dem Ort wieder eine Windräder-Landschaft, so weit das Auge reicht. Eine einsame Lerche dazwischen. Der Mais trägt auch hier nur spärlich Frucht …]
17./25. Juli 2024
Am Knotenpunkt Unserer Zeit …
Knotenpunkt Staffelde. 22 km bis Stettin – warum fahre ich nicht mal nach Stettin und schaue mir die Stadt an? Die Zeit hätte ich … Am rekonstruierten Grabhügel von Staffelde ein Stein mit der Aufschrift: „1500 v. u. Z.– 1877. Nachbau 2000–2003.“ Die Drei ist nicht sehr deutlich zu lesen, dafür das rudimentäre „v[or] u[nserer] Z[eit]“ umso deutlicher. Was heißt hier „unsere Zeit“? Die vor mehr als zweitausend Jahren war doch gar nicht die unsere …
Amor fati
Am 3. Tage, Mittwoch, 17. Juli 2024, gegen 14.00 Uhr in Mescherin endlich die Oder erreicht, nach ca. 280 km (noch rund 400 km bis Zittau). Eine Eisdiele in Gartz/Oder. Die Inhaberin Ela liebt Latein und die Stoa, auch Seneca, sieht sich als Philosophin. Wir sind uns schon voriges Jahr begegnet, haben uns wiedererkannt. Was heißt „Liebe zum Unfall“ auf Latein?, fragt sie mich. Ich verstehe erst nicht, bin irritiert, dann kommen wir auf das Schicksal, „Amor fati“ … Und lachen.
Beobachtung an Brücken
Oder und Neiße sind gesäumt mit gesprengten Brücken, trauernden Bückenstümpfen, Zeugen eines gewaltigen Zusammenbruchs. An einer zerstörten Doppelbrücke*, die eine Hälfte ist als Fußgängerübergang neu aufgebaut, stehen zwei Polizisten im Gespräch mit einem Zivilisten. Die Atmosphäre ist fast gemütlich zu nennen. Ich frage nach dem nächsten Lebensmittelladen, der ist weit … Einer der Polizisten schaut mit dem Fernglas zur anderen Seite der Oder. Da sitzt, ganz unauffällig, ein Angler. „Die warten, bis wir weg sind …“
Grenzgänger, an einer Grenze, die früher keine war, sind hier und auch an anderen Brückenresten eine Alltäglichkeit. Auf dem Weg ins nächste Dorf, legen sie ihre überflüssigen Sachen, samt Pässen irgendwo am Rande ab. Im Dorf ruft dann jemand an …
* Wenige Kilometer nördlich der Deichscharte Zollbrücke.
17./25. Juli 2024
Theater am Rand
Halt und Übernachtung an der Deichscharte Zollbrücke, in einem offenen, oktogonalen hölzernen Rasthaus nahe am Parkplatz. Schauspieler vom „Theater am Rande“ (im März dieses Jahres hat hier – als comeback – Uschi Brüning mit der Fischerband gastiert) überlassen mir gnädig eine Ecke Fladenbrot, unter beiderseitigem Verzicht auf Gemeinschaft … Um Himmels willen, man könnte ja etwas lernen voneinander!
Schön wäre es, wenn das moderne Theater nicht immer nur den Zeitgeist wiederkäute. Ich kann meine Abneigung gegen das, was heute in unserem Lande Theater heißt, nicht verbergen … Danke für das Fladenbrot!
Am Parkplatz die Fundamente eines geplanten Schulneubaus, die aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg stammen. Von einer Tafel lerne ich: 1923, das Geburtsjahr meines Vaters, war der Höhepunkt und zugleich das Ende der Inflation. – Der aus Zollbrücke stammende Kaufmann Ernst Richard Johannes Ettels, geb. 1845, hatte 1903 die nach ihm benannte Stiftung für den Schulbau gegründet. Infolge der Inflation kam der Bau zum Erliegen. Auch heute täte ein Bildungsneubau not …
Druckfehler auf der Tafel: „Heimatgeschichte der Re[li]gion“. / Abendlektüre, nicht zum Einschlafen gedacht: Franz Fühmann, Kameraden …
17./25. Juli 2024
Zollbrücke – Neuendorf – Seelower Höhen
Am 4. Reisetag (Do, 18. Juli 2024) 5.20 Uhr Aufbruch in Zollbrücke Selig schläft das Theater, vermutlich hat man gstern noch fröhlich gezecht. Frage am Rande: Was machen Menschen eigentlich, wenn sie mal nicht – Theater spielen? Urlaub zum Beispiel. Aber da geht das Theater des Menschlich-Allzumenschlichen ja weiter …
Nach ca. einer Stunde Fahrt Halt in Neuendorf. Am alten Hafen ein Turm mit fünf Stockwerken, vier grüne Eisenbahnwaggons, alte Güterwagen, sind hier abgestellt und werden als Urlaubsquartier genutzt.
Entscheidung in Neuendorf für den Umweg über die Seelower Höhen …
18./25. Juli 2024
Unterwegs, noch nicht am Ziel …
Unterwegssein ist schön, aber ankommen, das Ziel erreichen ist auch nicht zu verachten. Die Meisten bleiben im Unterwegs hängen, das sie – Leben nennen.
18./25. Juli 2024
Straße der Jugend
An der Ortausfahrt Neuendorf: eine Kriegsgräberstätte, an deren Pflege eben gearbeitet wird. 700 Russen liegen hier. In der Ortseinfahrt Letschin, OT Groß Neuendorf zwei Neubaublöcke an der Straße der Jugend, der rechte bewohnt, der linke verlassen, mit halb offenem Dach dem Verfall preisgegeben. – Wie ein Teil unserer Jugend …
Friedrich der Große in Letschin
Die Ruine der Kirche 1973 wurde abgerissen, als Überrest steht noch der Schinkelturm. Ein paar Schritte weiter: „Ruhm und Ehre“ (331 gefallene sowjetische Soldaten). Wieder ein paar Schritte weiter: ein Denkmal Friedrichs des Großen. Je ein kupferner Kranz zur Linken und zur Rechten, mit der Jahreszahl 1905 und der Aufschrift: „Das dankbare Oderbruch.“ [Erinnerung: Bruch ist ein Neutrum, das Sumpfland …]
Ich spreche eine Frau an, die mit ihrem Rollator langsam herankommt, frage sie, ob sie von hier stammt, im Ort geboren ist. Es stellt sich heraus, dass wir ein Jahrgang sind (1953). Dann zeigt sie auf Friedrich den Großen und fragt: „Kennen Sie die Geschichte?“ – „Ja … nein …“, antworte ich, „erzählen Sie mir doch bitte, was sie wissen.“
„In der DDR mochte man ihn nicht sonderlich … Deshalb war er [sie meint das Denkmal von Friedrich II] versteckt. In einer Scheune in der Sophienstraße. Mein Vater hat ihn mir als Kind dort heimlich gezeigt.“
Das Bismarckdenkmal auf dem Markt in Sebnitz ist nach dem Kriege abgerissen worden, zerstückelt, eingeschmolzen. Hat jemand genauere Kunde?
18./25. Juli 2024
Fragen in Gusow [5 km vor Seelow]
Wie ist es 1945 zugegangen im Schloss Gusow? Was hat sich am See abgespielt? Hat die Schützengilde von 1848 mitgekämpft gegen die Russen? Wo war der Pfarrer bei Kriegsende, wie hat er sich verhalten? – Ich fahre weiter mit meinen Fragen, nach Seelow sind es noch fünf Kilometer.
Die Seelower Höhen von weitem: besetzt. Von ca. zwanzig Windrädern. Zur Rechten der tote Mais …
18./27. Juli 2024
Auf den Seelower Höhen
(1) Lebensfahrt
„Fahren, sich anstrengen, noch froh sein dabei … So will ich unterwegs sein im Leben. Das sage ich auch meinen Kindern.“ – „Keine Mission!“ korrigiert mich die Seelowerin, mit der ich ins Gespräch gekommen bin. Ob sie hier ortsansässig ist, weiß ich nicht.
„Wie meinen Sie das?“, frage ich zurück. – „Sie sprachen von den Kindern …“ Wir einigen uns auf die Formel: „Wir leben es ihnen vor …“ (ich weiß doch auch, dass gerade bei Kindern jede Agitation fehl am Platze ist). – „Das Wichtigste im Leben ist Gottvertrauen“, setze ich hinzu. Sie zieht es ins Allgemeine: „Ja, das ist bei jedem anders …“ – Darauf ich: „Ich meine es als Christ aber sehr konkret.“ Also doch Mission, wird sie jetzt denken.
Bei dem atheistischen Missionseifer, mit dem ich Tag für Tag konfrontiert werde, der einem aus jeder Ecke entgegenschlägt, in den Medien und überall im öffent-lichen Leben, nehme ich mir mit gutem Recht heraus, hin und wieder – in Wort und Geste – zu äußern, was mein Glaube ist …
18./25. Juli 2024
(2) Pazifistisch
Bedrängende Frage (nach verachteter Journalistenart): „Was sagen Sie – hier in Seelow – zur Ukraine?“ – „Ich bin Pazifist!“, antwortet sie. Das kann viel bedeuten, denke ich und sage: „Da sind wir also doch nicht so weit entfernt voneinander wie ich ursprünglich dachte.“
(3) Museum als Kaufhaus
Im Museum der Gedenkstätte höre ich beiläufig eine Unterhaltung, ich merke mir diesen Satz (in meinen Worten): „Der Zeitgeschmack ändert sich. Alle 15 Jahre sollte eine Ausstellung [die Inhalte und die Art ihrer Präsentation] wechseln. Wie im Kaufhaus ab und zu umgeräumt wird, damit die Leute angeregt werden zu kaufen, was sie gar nicht kaufen wollen.“
(4) Kernsätze und ein vielfaches Schweigen
Auf der Suche nach einem Buch über die Ereignisse im Februar 1945 auf den Seelower Höhen und deren Folgen für das Leben der Menschen im Oderbruch komme ich mit dem Museumsleiter in eine Art Wartezimmer-Gespräch. Er fragt mich, welche Beziehung ich zur Geschichte habe. Ich antworte: Eine sehr konkrete, durch meine Familiengeschichte [Großvater war im Ersten Weltkrieg an der französischen Front, Vater während des Zweiten Weltkriegs Funker in Jugoswlawien] – und als Theologe und Literat. Schweigen. Das Folgende war dann eher ein nach außen gewendeter Monolog in kurzen Sätzen wie diesen:
„Jede Zeit hat ihre eigenen Ideologien. Und darüber sind wir noch nicht hinaus.“ – Schweigen. „Die Historisierung des Unrechts macht blind für die Gegenwart. Volkstümlich gesprochen: wir sind nicht besser als die vor uns“ [einer von meinen Kernsätzen]. – Schweigen. „Wir haben mehr Interpretation von Geschichte, mehr Ideologie als Geschichtswissenschaft.* Die Geschichte überdeckt von Ideologien, bis zur Unkenntlichkeit.“ – Schweigen. Jedenfalls hat die Begegnung meinem inneren Dialog aufgeholfen, dass er nicht müde wird. Dafür danke ich dem Museum.
* [Nachtrag v. 22. Sept. 2024:] Nach Theodor Lessings Geschichtsphilosophie ist Geschichte „nichts als … nachträgliche Sinngebung und Wunscheinblendung“. – Vgl. Werner Kraft: Spiegelung der Jugend, Frankfurt/M.: Fischer 1996, S. 13.
18./25. Juli 2024
Verlorene Kindheit und Jugend …
Ich mag Kinder und achte die Jugend, habe aber Vorbehalte gegenüber diesen notreifen Kindern mit dem Selbstbewusstsein schlecht erzogener Erwachsener und dem langen Palaber einer Jugendlichen am Zelt, in deren Bewusstsein sich nur der erbärmliche Zustand unserer Medienlandschaft spiegelt …
Arme, irrgeführte, der Propaganda verfallene Jugend …
07. /22. Juli 2024
Die Ideale der Jugend oder Der große Raub
Die Ideale der Jugend. Missbraucht von Stalin und in der Nazizeit, heute nicht minder. Herrschende nehmen die Ideale als Zug- und Gängelband oder rauben sie der Jugend ganz, machen tabula rasa mit den Idealen und setzen Schein-Ideale, Ideologien an ihre Stelle. Oder schlicht – den Tod.
18./27. Juli 2024
Du hast ja ein Ziel vor den Augen (Liedauszug)
Worte: Louis Fürnberg 1937 / Weise: Gerhard Hadda
Du hast ja ein Ziel vor den Augen / damit du in der Welt dich nicht irrst /
damit du weißt, was du machen sollst / damit du einmal besser leben wirst.
Denn die Welt braucht dich, genau wie du sie / Die Welt kann ohne dich nicht sein /
Das Leben ist eine schöne Melodie / Kamerad, Kamerad stimm ein!
Refr.: Allen die Welt und jedem die Sonne, / fröhliche Herzen, strahlender Blick /
Fassen die Hände Hammer und Spaten, / wir sind Soldaten, Kämpfer fürs Glück.*
* Spätere Variante in der DDR: „wir sind Kameraden, schmieden das Glück.“ – So kurz nach dem Kriege klang die Wendung „wir sind Soldaten“ nicht ganz so gut. Das Lied gehört zur Erinnerungs-kultur der in der DDR Aufgewachsenen.
Oderbruch I
Die nachhaltige Lebensweise unserer Vorfahren im Einklang mit Natur [und Pflicht], später wurde ein Zweiklang daraus, lese ich auf einer Tafel. Nach dem Zeiklang, dem Nebeneinander kam der Verlust der Harmonie von Mensch und Natur. – Ich denke, die Harmonie ging verloren, weil irgendwann der Bass, der Grundton fehlte: die Natur als Gottes Schöpfung zu begreifen.
17./27. Juli 2024
Oderbruch II
Das Oderbruch – eine zerstörte Kulturlandschaft. Einst, im Februar 1945, kurz vor Kriegsende, von eilig aufgeworfenen Schützengräben zerfurcht, Kriegsgerät, Gewehre, Minen überall. Unter den Bäumen kaum einer älter als 79 Jahre. Bei der Beräumung warf man alles, das Eisen und halb verweste Leichname Gefallener (wer wollte da noch eine Erkennungsmarke suchen), in die Gräben und schüttete sie wieder zu. Heute sieht man fast nichts mehr davon. Die Natur hat das Grauen überdeckt. Bei der Minen-beräumung nach dem Krieg sind hier noch über dreihundert Menschen ums Leben gekommen.
Munition, Granaten, die nicht explodiert sind, findet man bis heute, da musste ich nicht erst nach Frankreich fahren, nach Verdun und an den Chemin des Dames, auf den Spuren des Großvaters, der bei La Malmaison, Fontainebleau und dem Dorfe Guignicourt (33 km nördlich von Reims) gelegen hat. Der Schützengraben verlief unter der Straße, daneben ein Bach, den die Franzosen anstauten. da sprangen die Ratten in den Unterständen. – „Willst du immer weiter schweifen? Sieh …“, der Schrecken liegt so nah.
Ihr wollt das nicht hören? Dann hört auch auf die Kriegstreiber im Lande nicht. In ihrer Propaganda verschweigen sie Euch beharrlich, was Krieg in Wirklichkeit bedeutet.
18./26. Juli 2024
Oderbruch III
Verwirrung von Gut und Böse, Krieg und Frieden, Lüge und Wahrheit im Ungeist der Gegenwart.
Was ist Naturverbundenheit? Ist es natürlich, wenn Menschen die eigene Leibesfrucht beiseite schaffen? Ist Abtreibung etwas Natürliches, Nachhaltiges, den Frieden Förderndes? Mit Sicherheit nicht.
Hier widersprechen sich Selbstverwirklichung und – Naturschutz.
19. /27. Juli 2024
Mission versus Propaganda
Warum wird jede Mitteilung eines gläubigen Menschen nur immer gleich als Mission verdächtigt? – „Es kommt auf die Art und Weise an!“ – Die beste Art und Weise ist dem Atheisten doch zumeist, wenn der Christ von Gott und Kreuz und Glaube völlig schweigt.
Das aber ist auf Dauer nicht möglich, käme der Gottes- und Selbstverleugnung gleich. Atheisten machen ja aus ihrem Unglauben auch kein Hehl. In der DDR konnte man das deutlich spüren, bis ins Existentielle hinein (Hinderung von Christen an ihrem Bildungsweg …).
Auch im Alltag heute begegnet überall – unter anderem in Gender, globalem Macht-streben und Transhumanismus – massive, medial gestützte, atheistische Propaganda.
Lüge, systematisch …
Die Unwahrhaftigkeit, das starre Festhalten an der Lüge: deutliche Zeichen für den bevorstehenden Untergang eines Systems …
18./27. Juli 2024
Lebensgefahr in Seelow
Lebensgefahr am Ortsausgang von Seelow. Ich halte die Hand raus, will auf die linke Straßenseite, da überholt mich ein Auto. „Das war knapp“, sagt eine Radfahrerin, die mir entgegenkommt. – Also beinahe das Zeitliche gesegnet auf den Seelower Höhen. Ganz ohne Krieg. „Glück gehabt“? Als Christ sage ich: Dank für die Bewahrung!
Neuzelle unter einer jungen Eiche
Und plötzlich ist es nicht mehr die Oder … Ich biege von der Fahrrad-Trasse auf einen Feldweg ab und finde eine Schlafstelle unter freiem Himmel unweit von Neuzelle, unter einer jungen Eiche. – Am nächsten Tage: Aufbruch in aller Frühe … Im Morgennebel, der allmählich schwindet, der Sonne weicht, die auf Neuzelle scheint.
18./27. Juli 2024
Eine Brücke in Guben
Drei Namen für einen zerstörten Übergang am Ortseingang von Guben: Parkbrücke, Schlachthofbrücke, Nordbrücke. Hier daneben war mal ein Schlachthof und in der DDR-Zeit ein Fischverarbeitungsbetrieb. – Geschichte in Brückenstümpfen entlang des Oder-Neiße-Radswegs …
[Nachtrag:] Ein ruiniertes Kraftwerk vor Eisenhüttenstadt
Am linken Oderufer, 3 km nördlich des Stadtkerns von Fürstenberg (OT von Eisenhüttenstadt) liegt die Ruine eines alten Kraftwerks. Der Bau wurde 1943 begonnen und im Jan. 1945, nach dem ersten Probelauf, eingestellt. Im Grunde war das Kraftwerk betriebsbereit. Im Febr. 1945 wurde es beschossen, von den Russen in Besitz genommen und schließlich demontiert. Die beiden etwa 100 Meter hohen Schornsteine aus Beton haben sowohl den Beschuss als auch spätere Sprengungs-versuche überlebt, berichtet mir ein ortsansässiges Ehepaar, das am Fahrradweg spazieren geht. Und dort, erinnert sich der Mann, war eine Behelfsbrücke über die Oder, da sind die Russen rübergekommen.
19./27. Juli 2024
Das geschundene Forst
Das geschundene, im Kriege zu 90% zerstörte Forst, einst das Manchester Deutschlands mit eine Vielzahl von Fabriken und deren Schornsteinen. Bis in den Februar 1945 war Forst vom Kriege weitgehend verschont geblieben, bis die Front näher rückte und das Zerstörungsswerk einsetzte, über die Neiße hin und her geschossen wurde, die Schornsteine zur Zielscheibe wurden. Der jenseits der Neiße gelegene Stadtteil ist heute nicht mehr vorhanden, die Brücken sind gesprengt, nur eine einzige Bahnbrücke wird genutzt. Traurige Brückenstümpfe und bis heute sichtbare Lücken in der Bebauung; der gesamte Markt ist verschwunden, im Grunde wurde nur die Kirche wieder aufgebaut. In Guben ist das anders, dort sind die alten Wunden weniger spürbar.
In Forst/Lausitz ergänzen heute Windräder die einst durch zahllose Schornsteine geprägte Silhouette der Stadt.
Bald 80 Jahre nach Kriegsende
Jubiläen sind Anlässe zum Aufmarsch widerstreitender Anschauungen [Geschichts-deutungen]. Großes Trommelfeuer an allen Fronten, so dass man keinen eigenen Gedanken mehr fassen kann.
19./27. Juli 2024
Erquickung in Zodel
[Der 6. Rückreisetag, der letzte: Samstag, 20. Juli 2024 / Geburtstag meines Vaters Rudolf Zenker, Jg. 1923, vor 101 Jahren …]
In „Zimmi’s Einkaufsmarkt“, einem Dorfladen wie in meinen Kindheitstagen, wird mir der Weg zu Butter und Milch gewiesen, am Fleischstand ein Knacker empfohlen. Dazwischen Raum für unbefangene Worte. Hier erfahre ich: die Vogelgrippe soll wieder im Anzug sein. Eine neue Inszenierung? Die allgemeine Kriegstreiberei dazu. Die Frau an der Kasse weiß Bescheid …
Wir sprechen von Rezepten, von Semmelmilch zum Beispiel (Semmelbrocken mit etwas Zucker, dann Milch darüber, davon lebe ich unterwegs, kannte aber bisher den Begriff nicht), vom armen Ritter – und von Mehlsuppe, die nur schmeckt, wenn sie nicht klumpig ist. Das Rezept vom armen Ritter kann man auch im Internet finden, sagt die Verkäuferin von der Fleischtheke. Die Frau an der Kasse erwidert: „Ich vermute, der Mann hat als Naturmensch [ich zweifle an diesem Kompliment] nur ein Nothandy …“, sagt die andere. Da gestehe ich: Ich habe gar keins, nicht einmal Festnetz … (im Sinne der Konzentration beim Schreiben eine Arbeitsnotwendigkeit, ich erwarte nicht, dass mich hier jemand versteht).
Die freundliche Frau trägt mir, während ich draußen noch packe, 25 Cent Flaschen-pfand hinterher, die wir bei der Abrechnung vergessen hatten.
Gedenkstein
Kurz hinter Zodel ein Gedenkstein mit einer Tafel: „Hier wurde Unrecht mit Unrecht vergolten. Hier galt nur polnisches Faustrecht. Ab dem 20. Juni 1945 – nach dem Krieg – vor der Potsdamer Konferenz – trieb polnisches Militär Deutsche über die Neiße – Alte, Frauen, Kinder – im Februar Zurückgebliebene, im Mai Heimgekehrte. Ostdeutsche zahlten mit Heimat, Hab und Gut für Ganz-Groß-Deutschland und das Versagen der internationalen Politik.“
„Das ist mal ein guter Text“, sage ich, vor dem Steine kniend, mehr im Selbstgespräch, zwei vorübergehenden Mädchen, das eine unter zehn, das andere vielleicht zwölf. Vielleicht verstehen sie einst und erinnern sich.
20./27. Juli 2024
Ein Storch
Ein Storch zwischen Rothenburg und der Kulturinsel Einsiedel fliegt auf vor mir. Er hat sich auf dem Fahrradsweg niedergelesen, nahe einem Garten, in dem ein hölzernes
Storchenpaar in Lebensgröße steht mit zwei Storchenkindern.
Ist er auf die Täuschung hereingefallen, hat er darauf gewartet, dass die holzstarren Vögel mit ihm sprechen, sich bewegen und auffliegen in die Lüfte? Oder war er einfach nur verwundert in Betrachtung solch biederer Starre …
Klappentexte
Vorsicht mit Klappentexten, Vor- und Nachworten in Büchern, die mit großer Klappe des jeweiligen Zeitgeistes ein Buch interpretieren. Das war auffällig in der DDR, auch heute gilt es hier vorsichtig zu sein … Das Buch selbst ist immer etwas anderes als die Interpretation des Buches. Das gilt auch für – die Geschichte.
20./27. Juli 2024
Umstellung
Aus der Starre des Urlaubs in die Motorik des Alltags, oder umgekehrt aus der Motorik des Urlaubs in die Starre des Alltags? Wie man es auch betrachtet, die Umstellung fällt schwer.
20./27. Juli 2024
Heimatversprechen
Reste einer Wahlwerbung auf Plakaten [in Zodel]:„Wir geben Frieden wieder eine Heimat“ – „Wer geben Bildung wieder eine Heimat“.
Auch Frieden mit Gott? Auch Bildung in Sachen Glaube und Religion?
Kriegerdenkmal in Ludwigdorf [hinter Zodel]
Ein Dorf mit stattlichen Bauerngehöften. Am Kriegerdenkmal, obenauf das Eiserne Kreuz in Stein, mit dem Vermerk: „W[eltkrieg] 1914“ (vom nahen Zweiten Weltkrieg wusste man damals noch nicht), packe ich mein Tagebuch aus
Das Denkmal ist sieben Meter im Quadrat von Eisen umzäunt. An drei Seiten des Denkmals stehen die Namen und Orte der Gefallen, auf der südlichen, Görlitz zugewandten Seite: 16 Namen und zwei Orte, die ich aus den Erzählungen meines Großvaters Ernst Zenker (1882–1974) kenne, der während des Ersten Weltkriegs in Frankreich war: Laon und Reims.
„Ihr Helden, gefallen im Ringen Deutschlands um Ehre und Sein, nie wird euer Name verklingen, unvergessen sollt ihr uns sein“, steht auf dem Denkmal. Damals ging es vielleicht wirklich noch um Ehre und Sein.
Worum geht es heute?
20./27. Juli 2024
Obermühle Görlitz
An der Ortsausfahrt Görlitz, wo der Weg zur Obermühle hinunterführt, geht vor mir ein junges Liebespaar, eng umschlungen. Sie sind eins, keiner geht, wohin der andere nicht will.
Das hieß doch [einst] – Liebe …
20./27. Juli 2024
Das alte Herrenhaus
Am Berzdorfer See, dem gefluteten Tagebau, als Überrest des einstigen Ortes: das alte, nun dem Verfall preisgegebene Herrenhaus. Warum rettet man es nicht? – Davor ein Schild, das in Jahreszahlen Auskunft gibt über die Geschichte des Ortes Deutsch-Ossig. Für nur zwei Jahrzehnte Abbau der Kohle musste der Ort weichen.
Wer hier wohnte, ist verwundert, wie sich das Bild gewandelt hat. Strandleben, Fahrradfahrer um den See. Viel Publikumsverkehr an diesem sonnigen, sehr heißen Tage. Um das alte Herrenhaus herum Imbisstände. Von meinen letzten zwei Euro kaufe ich mir bei einer Polin ein Eis, es schmeckt ausgezeichnet.
Vom Streiten
Laute Stimmen, Weinen an der Ausfahrt des Parkplatzes am Berzdorfer See. Ein Ehepaar mittleren Alters in Schwierigkeiten Die Frau ist mit dem Rad gestürzt und klagt weinend ihrem Mann: „Alles nur wegen der Streiterei. Müssen wir denn immer streiten? Können wir nicht einfach normal miteinander leben?“ – Von dem Psychologen-Satz „Streiten verbindet“, habe ich, auch wenn ich weiß, was gemeint ist, noch nie viel gehalten.
Ankunft im Kloster St. Marienthal
Am Samstag, dem 20. Juli 2024, 12.30 Uhr Ankunft im Kloster St. Marienthal in Ostritz. Dankgebet in der dunklen Klosterkirche und improvisiertes Mittagsmahl (aus dem kleinen grünen Tiegel) im Kräutergarten. – In einem Dorf nur sieben Kilometer von hier bin ich, dessen Vorfahren großväterlicherseits aus der Oberlausitz stammen, zwei Jahrzehnte zu Hause gewesen. Noch 20 km bis Zittau, durch das Neißetal bis Hirschfelde, dann weiter auf dem Fahrradweg links der Straße. Ankunft in Zittau: 15.00 Uhr nach insgesamt 688 Kilometern.* Das Ziel der Reise erreicht. Halleluja! Die rest-liche Strecke (55 km) mit dem Zug durch den Schluckenauer Zipfel (CS) nach Sebnitz.
* Nimmt man ca. 300 km in Nonnvitz/Rügen und Umgebung hinzu, bin ich aus Gottes Kraft knapp tausend Kilometer mit dem Rad gefahren in diesem Urlaub von 17 plus 6 Tagen. Deo gratias!
20./28. Juli 2024
Synkope*
Und plötzlich auf der Linken Seite
der Lebens-Straße.
Im Graben krachend über große Steine
Links ein Baum, vorn ein Baum.
Und der Gedanke: Jetzt ist es so weit.
Auf dem Dache liegend kommt das
Sich selbst Bewegende
noch vor dem Baum
zur Ruhe.
Lösung der Gurte.
Die Tür gibt den Tritten nicht nach.
Befreiung aus dem Käfig
von außen her.
Der da aus dem Auto steigt
ist unverletzt.
Sein erstes Wort:
Halleluja. Dank sei Gott
Für das neu geschenkte
Leben.
* Die Synkope ist ein kurzer, spontan reversibler Bewusstseinsverlust infolge einer gestörten Durchblutung des Gehirns … (Definition aus dem Netz).
08./20. Sept. 2024